Vom Intrapreneurship zum Entrepreneurship: Wie die eigene Transformation gelingt

Vom Intrapreneurship zum Entrepreneurship: Wie die eigene Transformation gelingt

Vom Intrapreneurship zum Entrepreneurship: Wie die eigene Transformation gelingt 1024 576 Dr. Daniel Kiefer

Schon seit Mitte der 1980er Jahre ist das Themengebiet des Binnenunternehmertums, oder auch der Unternehmer im Unternehmen, vielfach in die zentrale Fragestellung gerückt worden. Ziel ist es, insbesondere große Corporates – ohne die Abspaltung von Unternehmensbestandteilen in eigenständige KMUs – handlungsfähiger, agiler und zielgerichteter aufzustellen. Doch vielfach funktioniert das erklärte Konvolut an Maßnahmen nicht oder nur schwer, weil die unternehmensinternen Freiräume, oder nur in eng abgesteckten Maßen übertragene Verantwortung, nicht weit genug greifen oder nicht vollständig konsequent umgesetzt werden.

Die Unternehmensnachfolge als Chance zum Unternehmertum

Diese Situation ist einer von vielen Gründen für Top-Manager, sich mit den Optionen des Management-Buy-In als zentraler Gedanke der Unternehmensnachfolge und möglicher Form des Entrepreneurships näher auseinanderzusetzen. Daraus ergibt sich vor allem die Chance, als uneingeschränkter Unternehmer nachhaltig und konsequent zu handeln – mit allen Risiken, aber eben auch mit den beschriebenen Chancen.

Oftmals ist eine vollkommen neue Art des eigenen Leaderships erforderlich.

Top-Manager erhalten damit die Möglichkeit, ihre oftmals langjährige Erfahrung und transferables Wissen in ein Unternehmen einzubringen, das auf der Suche nach einer Nachfolge ist. Damit können neue Impulse gesetzt werden, von denen alle Seiten profitieren: das neue Unternehmen und der Top-Manager selbst.

Wer ist als Unternehmer gemacht?

Immer wieder stellt sich hingegen die Frage, ob man ein Unternehmer sein muss oder werden kann. Häufig ist hierauf die Antwort: beides. Tritt ein vormalig im Corporate beschäftigter Top-Manager eine Unternehmensnachfolge an, ist es stets erforderlich, sich nahezu vollständig von vorherigen Denk- und Handlungsmustern zu lösen und kompromisslose Offenheit und Lernbereitschaft zu zeigen.  Es ist ein schmaler Grat, einerseits viel Neues hinzuzulernen, das vorhandene Team schnell kennen und (ein)schätzen zu lernen, gleichzeitig aber die Impulse für die zukünftige Geschäftsausrichtung zu setzen und von Anfang an (mit) zu navigieren.

Dabei ist oftmals eine vollkommen neue Art des eigenen Leaderships erforderlich. Wo im Corporate noch eine Vielzahl an Zentralfunktionen und Mitarbeitenden zur Verfügung standen, konzentriert sich die Arbeit im neu erworbenen KMU meistens auf einen kleineren Personenkreis und viele Aufgaben werden durch den nun neuen Unternehmensinhaber eigenständig erledigt. Neben einem Maximum an Flexibilität ist vor allem die Bereitschaft notwendig, sich für keine einzige Aufgabe zu schade zu sein. Zudem gilt es, gleichzeitig den Überblick zu behalten und in respektvollem Umgang mit dem Team gemeinsam die Firma voranzubringen.

Der Eigentümer und das Team: Wachsen Sie zusammen!

Der Eigentümer und das Team: Wachsen Sie zusammen!

Betritt ein neuer Eigentümer die Bühne im Unternehmen, ist das für alle Seiten eine neue und ungewohnte Situation. Als Neu-Unternehmer ist man gut beraten, von Anfang an mit offenen Karten zu spielen. Eine aufrichtige, transparente Auftaktveranstaltung, in der durch das Übereinanderlegen der jeweils individuellen Erwartungshaltungen des Eigentümers und des Teams Klarheit für alle Seiten geschaffen wird, ist zu Beginn sehr wichtig. Auch das gegenseitige Kennenlernen spielt eine bedeutende Rolle, um gerade am Anfang der Zusammenarbeit Reibungsverluste zu minimieren, die innerbetriebliche Zufriedenheit zu erhöhen und schlussendlich die Effektivität und Effizienz zu steigern.

Der Unternehmer muss stets und uneingeschränkt Vorbild und tangibler Ansprechpartner für sämtliche Angelegenheiten seiner Mitarbeitenden bleiben. Dabei ist es vollkommen sekundär, wie zunächst die Situation seitens des Unternehmers eingeschätzt wird, solange die Mitarbeitenden es für wichtig genug und erforderlich erachten, über persönliche und berufliche Angelegenheiten zu sprechen. Ferner sind Individualinterviews zu Beginn von enormer Bedeutung, um auch die fachliche Ausprägung der Mitarbeitenden kennenzulernen und zu verstehen, wie die Abläufe ineinandergreifen. Auch denkbar sind sogenannte Shadowing Sessions, in denen man einen betriebstypischen Tag an der Seite von Mitarbeitern verbringt, um wirklich ein Gefühl für die Situation und die Arbeitsabläufe zu bekommen.

Sollte das neue Unternehmen über eine eigene Produktion verfügen und/oder logistische Komponenten wie Lager und Transport aufweisen, ist es unabdingbar, dass der neue Eigentümer sich in Sicherheitskleidung wirft und für einen oder mehrere Tage mit produziert, kartoniert und einlädt. Das schafft einerseits das berechtigte Gefühl in der Belegschaft, dass der neue Eigentümer nicht bloß in seinem Elfenbeinturm auf dem Chefsessel sitzt – und zeitgleich schärft es Sicht und das Verständnis des Eigentümers für die betrieblichen Abläufe.

Am Ende bleibt der Ansatz Flex your Style aber die wichtigste Herangehensweise, die ein Unternehmer mit in seine Firma bringen muss. Hierunter ist zu verstehen, dass man es zu jeder Zeit vermag, die Flughöhe seiner Betrachtungsweise und Arbeit zu variieren: von strategischer Weitsicht bis hin zu tief operativer Einbindung und zurück, meist mehrfach pro Stunde. Auch interpersonelle Flexibilität zwischen internen Gesprächen in Produktion, Lager oder Büro, sowie externen Kunden, Lieferanten oder Steuer- und Wirtschaftsberatern, ist Grundelement erfolgreichen Unternehmertums.

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Intrapreneur oder Entrepreneur: Was möchten Sie sein?

Abschließend bleibt zu sagen, dass es viele brillante und karrieristisch erfolgreiche Corporate Leader gibt, die indes nicht geeignet sind, der Entrepreneur im eigenen KMU zu sein – oder dies auch gar nicht sein wollen.

In Abhängigkeit der gesamtwirtschaftlichen, globalen Lage, der Entwicklung seiner Zielgruppen und Hauptabsatzmärkte oder sonstiger exogener Faktoren wie die Container-, Holz oder Stahlpreisentwicklung, wird es zumeist mit mehr Aufwand und Arbeit verbunden sein, ein echter Unternehmer zu sein. Es ist jedoch von unschätzbarem, non-monetären Wert, nach erfolgreicher Zusammenstellung seines Teams gemeinsam zu wachsen und gemeinschaftlich die Ausrichtung seines Unternehmens zu definieren. Das geschieht selbstverständlich mit allen unternehmerischen Freiheiten und im Einklang mit den eigenen Werten und Vorstellungen von Geschwindigkeit, Nachhaltigkeit, Erfolg und Legacy.

Am Ende muss sich jeder Top-Manager selbst die Frage stellen, ob er sich diesen Herausforderungen gewachsen sieht, vom Intrapreneur zum Entrepreneur zu werden – und ob er überhaupt bereit ist, die eigene Transformation anzugehen. Es kommt hierbei nicht bloß auf die „technischen“ Aspekte an, ob jemand als Unternehmer geeignet ist, sondern vor allem und in erster Linie auf das persönliche Mindset.

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[Bildnachweise: © iStock – gremlin / pixelfit]

Dr. Daniel Kiefer

Dr. Daniel Kiefer ist seit 2019 Miteigentümer und geschäftsführender Gesellschafter der GERSO International Contracting GmbH. Zuvor war er knapp 20 Jahre in unterschiedlichen Führungspositionen multinationaler Konsumgüterkonzerne tätig, darunter Beiersdorf und Colgate-Palmolive. Bis zur Unternehmensnachfolge 2019 zeichnete er als Director Business Development und Mitglied der Geschäftsleitung für die Unternehmensentwicklung der MARS GmbH in der Sparte Pet Nutrition verantwortlich.

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