Wer bei der Corporate Sustainability den Anschluss verpasst, droht zurückzufallen – doch wer sich frühzeitig gut aufstellt, kann Nachhaltigkeit zum Vorteil machen. Linda Nikolova erklärt, warum Nachhaltigkeit im Unternehmen zur Chefsache und zum Alltag werden sollte, und was die ersten Schritte sind.
Alle reden über Nachhaltigkeit – doch wenn es darum geht, sie im eigenen Unternehmen umzusetzen, wird es leiser. Selbstverständlich ist es wünschenswert, Verantwortung zu übernehmen, Umwelt und Klima zu schützen und sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen. Doch jenseits dieser intrinsischen Motivation gibt es auch knallharte Gründe, die Transformation so frühzeitig wie möglich anzugehen.
Aus diesen drei Gründen sollte die Nachhaltigkeitstransformation lieber heute als morgen auf die Agenda:
Es geht um’s Geld
Mangelndes ESG-Engagement wird zunehmend zum Geschäftsrisiko. Denn Nachhaltigkeit im Unternehmen wird zunehmend von der Kundschaft verlangt: Privatkundinnen und -kunden achten schon seit Jahren immer stärker darauf. Je nachdem, um welches Produkt oder welche Dienstleistung es geht, besteht oft sogar Bereitschaft, für eine bessere Umweltbilanz mehr Geld zu zahlen. Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand werden entsprechende Angaben ebenfalls immer öfter nachgefragt. Unter Umständen kann eine fehlende Berichterstattung oder mangelndes Engagement in Sachen Nachhaltigkeit zum Verlust lukrativer Aufträge führen. Und Firmenkunden werden durch Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) dazu verpflichtet, bei ihren Zulieferern und Auftragnehmern ebenfalls genauer hinzuschauen.
Auf der anderen Seite rechnen sich manche Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz auch von ganz allein: Photovoltaik zu installieren, kostet beispielsweise immer weniger, amortisiert sich aber gerade in Zeiten steigender Energiepreise immer schneller. Besser isolierte Fassaden und Fenster sparen Heiz- und Kühlenergie. Weniger Abfall bedeutet geringere Entsorgungskosten. Und so weiter. Das gilt selbstverständlich nicht für alle Maßnahmen, aber für genug, um ernsthaft darüber nachzudenken. Wer zudem die nötige Expertise intern aufbaut, kann langfristig Kosten für externe Beratung und Berichterstattung sparen.
Es geht um den gesetzlichen Rahmen
Sowohl die EU als auch die Bundesregierung haben Regeln verabschiedet, die schrittweise immer mehr Firmen zur Berichterstattung in Sachen Nachhaltigkeit zwingen und Standards zum Umwelt-, Klima- und Menschenrechtsschutz nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch bei Zulieferern durchsetzen. Das LkSG greift bereits für sehr große Unternehmen in Deutschland; ab dem kommenden Jahr müssen Firmen schon ab 1.000 Mitarbeitenden die Vorgaben erfüllen. Die europäische CSRD verlangt ebenfalls ab dem 2024 von den ersten Unternehmen, dass sie über ihren Impact auf Klima, Umwelt und Gesellschaft Buch führen, um Anfang 2025 erstmals gemäß den neuen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu berichten. Auch hier sind sukzessive immer mehr Unternehmen betroffen.
Und die Gesetzgeber meinen es ernst. Wer die Berichterstattung versäumt, schlampig arbeitet oder gar vorsätzlich falsche Angaben macht, dem drohen empfindliche Strafen. Denn EU und Bundesregierung wollen, dass alle Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen erstens transparent, nachvollziehbar und vergleichbar machen und zweitens verstärken.
Die beste Vorbereitung: Rechtzeitig Wissen sammeln, Knowhow aufbauen und fit in Sachen Nachhaltigkeit werden. Wer jetzt die Strukturen aufbaut, um die relevante Daten zu erheben, und Nachhaltigkeits-Expertise im Unternehmen verankert, kann ruhig schlafen. Denn stehen die Prozesse erst einmal, kann CSRD-Berichterstattung ebenso routiniert laufen wie der finanzielle Jahresabschluss: Kein Picknick, aber auch keine Operation am offenen Herzen.
Es geht um den guten Ruf für die Zukunft
Je mehr über Nachhaltigkeit in Unternehmen gesprochen wird, desto mehr wird auch darüber nachgedacht. Selbst bei Unternehmen, die (noch) nicht unter die Regelungen von LkSG und CSRD fallen, werden mehr Fragen gestellt – von Investor:innen, Geschäftspartner:innen und Kund:innen. Es wird einfach allgemein genauer hingesehen.
Hinzu kommt: Immer mehr Unternehmen, die gar nicht unter die gesetzlichen Regelungen fallen, veröffentlichen freiwillige ESG-Berichte. Denn sie haben erkannt, dass eine gute ESG-Bilanz ein Image-Gewinn ist. Wer also bei diesem Thema schon gut dasteht, nutzt es gern, um sich damit zu schmücken.
Und das führt dazu, dass sich alle anderen fragen lassen müssen: Warum berichtet ihr nicht? Ist es euch einfach egal? Oder habt ihr womöglich etwas zu verbergen? Das ist kein guter Look. Beim Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen geht es schließlich um die ganz großen Dinge: Eine bessere Zukunft für alle, die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen, der Schutz unseres Planeten.
Je mehr Unternehmen ihre Berichte veröffentlichen, ob gezwungenermaßen oder freiwillig, desto mehr fällt auf, wer sich dem entzieht.
Gute Gründe also, sich auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu machen, selbst, wenn das bisher kein Herzensthema war. Doch wer sich erst seit Kurzem damit beschäftigt, steht oft vor einem wahren Dschungel aus Vorschriften, Vorschlägen, Vorreitern und Nur-was-Vormachern. Wie soll man da zum Ziel finden?
Die folgenden 3 Schritte helfen beim Einstieg in die Nachhaltigkeitstransformation:
Standort bestimmen: Wo stehe ich heute?
Wer eine Route plant, muss zuerst wissen, was der Ausgangspunkt ist. Deshalb sollten Unternehmen erst einmal erheben, wo sie in Sachen Nachhaltigkeit stehen. Wie viele Emissionen verursachen sie in ihrem Geschäftsalltag, und wo entstehen besonders viele? Welche Rohstoffe werden verbraucht, welche Abfälle entstehen? Was für Zahlen zur Nachhaltigkeit veröffentlichen Zulieferer, welche Kooperationen bieten sie womöglich an? Und welche Maßnahmen zum Schutz von Umwelt, Klima und Menschenrechten gibt es schon? Wie steht eigentlich die Belegschaft zum Thema?
Auf all diese Fragen lassen sich Antworten finden, die dann die Basis für die nächsten Schritte sind.
Ziele setzen: Wo will ich hin, und wie schnell soll das gehen?
Wer weiß, wo er oder sie steht, kann realistische Ziele setzen. Deshalb sind die oben genannten Fragen so wichtig – die Antworten darauf enthalten Hinweise, wo sich mit wenig Aufwand erste Erfolge erzielen lassen, aber auch, an welchen Stellen sich zusätzliches Engagement lohnt.
Dabei ist auch der Zeitrahmen wichtig: Wie schnell lassen sich entsprechende Maßnahmen umsetzen? Wie schnell zeigen sie Wirkung? Wenn die Ziele zu unambitioniert sind, erweckt das schnell den Eindruck von Greenwashing. Gut ist ein Mix aus schnell wirksamen und langfristigeren Maßnahmen – und vor allem der Wille, sich selbst laufend zu überprüfen, dazuzulernen und die Strategie entsprechend anzupassen.
Knowhow aufbauen: Wie komme ich von A nach B?
Wer Anfang und Ziel der Wanderung kennt, kann anfangen, die eigentliche Route zu planen. Das geht am besten, wenn es intern die nötige Expertise gibt. In einem funktionierenden Unternehmen haben alle Abteilungen eine gute Wissensbasis in ihrem jeweiligen Bereich. Dieses Fundament sollte gezielt mit Nachhaltigkeitsaspekten erweitert und untermauert werden. So lässt sich die Nachhaltigkeitstransformation am einfachsten und schnellsten starten. Eine abteilungsübergreifende Stelle, die Informationen bündelt und Maßnahmen koordiniert, trägt zum Erfolg bei. Je weiter oben in der Struktur das Thema dabei angesiedelt wird, desto mehr Wirkung kann es zeigen. Deshalb: Nachhaltigkeit zur Chefsache machen!
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Es ist wichtig, das Wissen über Nachhaltigkeit in Unternehmen in der Breite zu verankern. Deshalb sollten alle Mitarbeitenden regelmäßig geschult werden, aber auch die Möglichkeit erhalten, selbst Maßnahmen vorzuschlagen und an der Umsetzung mitzuwirken. Denn das setzt große Potenziale frei. Oft kommen die besten Ideen von denjenigen, die das tägliche Geschäft am besten kennen. Werden diese Ideen gehört und angenommen, führt das nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern auch dazu, dass sich Mitarbeitende der Strategie persönlich verbunden fühlen und sie mittragen.
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