Abfindungen für Führungskräfte: Erwartungen und Realität

Abfindungen für Führungskräfte: Erwartungen und Realität

Abfindungen für Führungskräfte: Erwartungen und Realität 1024 526 Dr. Stefan Röhrborn

Wenn Manager ihren Posten räumen sollen, beginnen regelmäßig Verhandlungen um die Abfindungen leitender Angestellter. Anspruch und Wirklichkeit fallen allerdings bei kaum einem Thema mehr auseinander. Die Erwartungshaltung von Managern ist groß, der Trennungsschmerz sitzt oft tief und eine hohe Abfindung soll Genugtuung verschaffen. Aber wie steht es im Arbeitsrecht tatsächlich um die Höhe des Anspruchs auf Abfindung bei Führungskräften wie CEOs?

Abfindungen für Führungskräfte

Bei den Verhandlungen über Abfindungen erwarten Manager, dass der bestehende Geschäftsführeranstellungs- oder Vorstandsvertrag bis zum nächstmöglichen Vertragsende vollständig ausbezahlt wird. Variable Vergütungen wie Boni, Tantieme oder Erfolgsbeteiligungen sollen ebenfalls einbezogen werden. Andere verlangen darüber hinaus eine Abfindung für den Verlust der Managementposition oder einen Schadensersatz für die Einschränkungen, die sie wirtschaftlich bei künftigen Positionen möglicherweise hinnehmen müssen.

Eine andere Maßnahme ist die Abfindung für Führungskräfte anhand eines festen Faktors, der für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit angepasst wird. Als Messwert gelten häufig Abfindungen von Vorständen internationaler börsennotierter Unternehmen. Zur bloßen Abfindung kommt nicht selten die feste Erwartung von Topführungskräften hinzu, dass das Unternehmen die Kosten für Outplacement oder eine Rechtsberatung übernimmt.

Die Lücke zwischen Erwartung & Realität

Die Realität zeigt allerdings, dass derartige Erwartungshaltungen von Topführungskräften in aller Regel fern jeder Machbarkeit sind. Sowohl juristisch im Vorstandsvertrag als auch wirtschaftlich. Die Zeiten, in denen ein Vertrag bis zum nächstmöglichen ordentlichen Vertragsende bei vorzeitiger Trennung vollständig ausbezahlt wurde, sind lange vorbei. Der Grund hierfür liegt im Thema Compliance und in einer immer transparenteren Rechtsprechung zum Thema Vermögensbetreuungspflicht.

Auch taktische Argumente wie § 615 BGB, spielen eine Rolle. Nach dieser Vorschrift muss sich der Manager während der Freistellung anderweitig erzielte Vergütung auf seine Gehaltsansprüche beim Unternehmen, aus dem er ausscheiden soll, anrechnen lassen.

Ein Blick auf die Rechtslage bei Abfindungen

Die Rechtslage bei Abfindungen ist dabei denkbar einfach: Einen Anspruch auf Abfindung hat weder ein Geschäftsführer (CEO) noch ein Vorstand.

Konkrete Vereinbarungen als Sonderfall

Ausnahmen von der Regel stellen Abfindungsansprüche dar, die konkret für den Fall vereinbart wurden, dass der Manager auf Wunsch des Unternehmens vorzeitig ausscheiden soll. Allerdings sind nur in den allerwenigsten Dienstverträgen derartige Ansprüche an Abfindungen für Manager vorgesehen. Abfindungen sind daher regelmäßig Gegenstand freier Verhandlungen zwischen dem Topmanager und dem Unternehmen. Hier ist jeder Fall rechtlich, wirtschaftlich und sozial individuell gelagert, so dass eine Verallgemeinerung von Abfindungsregelungen und der Auszahlung von Boni, Tantiemen und Erfolgsbeteiligungen nicht möglich ist.

Recht

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Dr. Stefan Röhrborn

 

Das Recht auf Abfindung hängt vom Zeitpunkt der Kündigung ab

Im Grundsatz gilt, dass der Manager seine Vergütung so lange verlangen kann, wie er für das Unternehmen arbeitet. Wird der Manager zum Beispiel nach Ausspruch einer Kündigung für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt, behält der Manager nach Arbeitsrecht zwar seinen Vergütungsanspruch, muss sich jedoch inzwischen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen. Nach Ablauf der Kündigungsfrist oder nach Ablauf der restlichen, fest vereinbarten Vertragslaufzeit hat der Manager keinen weiteren Anspruch auf Abfindung. Der einzige Schutz, den der Geschäftsführer oder Vorstand in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hat, ist die Dauer der Kündigungsfrist oder die vereinbarte Restlaufzeit des Vertrages.

Fall 1: Kündigung leitender Angestellter vor Ende der Vertragslaufzeit

Möchte das Unternehmen sich bei Vereinbarung einer festen Vertragslaufzeit in einem respektvollen Trennungsgespräch vorzeitig vom Manager trennen, ist die Gestaltung eines Aufhebungsvertrags reine Verhandlungssache.

Faustregel zur Abfindung einer Führungskraft

Als Faustregel kann gelten: Je länger die Restlaufzeit des Vertrags noch ist, desto niedriger ist der Prozentsatz, zu dem die restliche Vergütung als Abfindung der Führungskraft kapitalisiert wird. Bei einer Restlaufzeit von 18 bis 24 Monaten darf der Topmanager durchaus zufrieden sein, wenn er über die Regelungen im Aufhebungsvertrag die Hälfte der restlichen Vergütung in einer Summe als Abfindung erhält

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Wichtige Hinweise zur Abfindung bei Kündigung vor Ende der Vertragslaufzeit

Der Manager muss aber Folgendes berücksichtigen: der Aufsichtsrat einer AG oder einer großen GmbH unterliegt einer Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Unternehmen. Die Aufsichtsräte dürfen also keine Beträge wie Abfindungen an Geschäftsführer oder den Vorstand genehmigen und auszahlen, auf die nicht ein ganz konkreter Rechtsanspruch besteht. Die vollständige Auszahlung des restlichen Gehalts bis zum nächstmöglichen Vertragsende kann schon einen Untreuetatbestand darstellen. Insbesondere wenn Sachverhalte vorliegen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten. Die Auszahlung der vollständigen Restvergütung ist für den Aufsichtsrat rechtlich unproblematisch, wenn die Restlaufzeit des Vertrags kurz ist und rechtmäßig gesehen kein Anlass für eine Trennung besteht.

Bei Abfindungen sollten leitende Angestellte und Führungskräfte priorisieren

Nach Ablauf der Kündigungsfrist gibt es keine weiteren Ansprüche auf Abfindung für den Manager. Besondere Vereinbarung der Übernahme von Outplacement- oder Rechtsberatungskosten sind nicht unüblich, aber einen Anspruch hierauf gibt es nicht. Der Manager muss wissen, was nach seiner individuellen Situation zu priorisieren ist: Geld, Zeit, Outplacement, Kostenersatz.

Fall 2: Anspruch auf Abfindung beim regulären Vertragsende

Endet der Dienstvertrag des Geschäftsführers oder Vorstands regulär mit Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Vertragslaufzeit, gibt es rechtlich gesehen keinen Ansatz eine Abfindung zu fordern.

Es ist für den Aufsichtsrat in einer solchen Situation juristisch sehr gefährlich, gleichsam als „Abschiedsgeschenk“ eine Abfindung leitender Angestellter zu gewähren. Die Gewährung einer Abfindung ohne Rechtsanspruch kann für den Aufsichtsrat einen Untreuetatbestand darstellen, verbunden mit zivilrechtlicher Haftung. Die Handlungsspielräume für Aufsichtsräte, ausscheidenden Managern und leitenden Angestellten Abfindungen über die restliche Vergütung bis zum Vertragsende hinaus zu bezahlen, sind also äußerst gering.

Fazit

Was kann der Manager daraus lernen? Am Anfang muss verhandelt werden, nicht am Ende: Es ist sinnvoll, eine Exit-Regelung schon im Anstellungsvertrag zu regeln. Eine solche Exit-Regelung kann ein Recht auf Abfindung bei Kündigung beinhalten, aber auch andere Sicherungsmechanismen, die der Führungskraft den Anspruch auf Abfindung sichern. Zudem lässt sich so bereits der Weg nach dem Umbruch planen. Ein späteres Nachverhandeln über beispielsweise den Vorstandvertrag ist rechtlich kaum möglich.

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Dr. Stefan Röhrborn

Dr. Stefan Röhrborn ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Vangard in Düsseldorf. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung und Vertretung von Geschäftsführern, Vorständen und leitenden Mitarbeitern in arbeitsrechtlichen Anliegen.

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