Ungewollter Ausstieg

Ungewollter Ausstieg

Ungewollter Ausstieg 1024 683 Claus Verfürth

Ungewollt aus einem Unternehmen auszuscheiden, ist heute kein Makel, sondern eine Realität, mit der sich immer mehr Top-Führungskräfte auseinandersetzen müssen. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich und der Ausstieg hat nicht zwangsläufig etwas mit Fehlentscheidungen zu tun.

In über 80 Prozent der Trennungen spielen heute Strategiewechsel eine Rolle oder die Tatsache, dass neuer Chef eine eigene Mannschaft mitbringt. Manchmal stimmt auch einfach die Chemie zwischen den handelnden Personen nicht. Ein schnelles Ende ist in Situationen wie diesen die beste Entscheidung für alle Seiten. So einfach diese Wahrheit ist, so einfach kann man sie auch zum Ausdruck bringen. Und dies möglichst kurz und bündig.

Die Darstellung eines Ausstiegs auf Führungsebene hat maximal fünf Sätze.

Es gibt immer zwei Seiten einer Geschichte

Ganz unabhängig davon, was zum unfreiwilligen Ausscheiden geführt hat – bei jeder Geschichte gibt es immer zwei Perspektiven. Dabei ist es immer besser, das Narrativ selbst zu bestimmen, als es der Gegenseite zu überlassen, über einen zu erzählen. Die Kunst besteht darin, die richtige Kommunikation im Business-Umfeld sowie im Privaten zu finden.

Besonders nach langer Zugehörigkeit zu einem Unternehmen, gibt es schnell Mutmaßungen, warum der Betroffene ausgeschieden ist. Besonders eine Vermutung liegt nahe: Es muss bestimmt etwas Schlimmes passiert sein. Darum gilt: Je früher es Ihnen gelingt, selbst mit der neuen Situation zurecht zu kommen, desto einfacher wird es, darüber zu sprechen.

Die Salami-Taktik ist keine Option

Eine immer wieder zu beobachtende Strategie ist die der stückweisen Präsentation der Wahrheit – landläufig auch als Salami-Taktik bekannt. Auch wenn es für den jeweiligen Moment eine Lösung zu sein scheint, nur einen Teil der Wahrheit zu berichten, gerät man auf lange Sicht ins Hintertreffen, wenn letzten Endes doch die ganze Wahrheit auf den Tisch kommt.

Achten Sie zudem auf Konsistenz. Insbesondere wenn es große Diskrepanzen zwischen der privat weitergegebenen Version der Ereignisse und der offiziellen Darstellung gibt, kann dies für die Beteiligten zu unangenehmen Konsequenzen führen. Auch für den Fall, dass Familienangehörige oder Vertraute von einem Sachverhalt von jemandem anderen als Ihnen selbst erfahren, ist dies meist schlimmer als die Tatsachen selbst zu berichten.

Die letzten 100 Tage als Topmanager

Wie die berufliche Weiterentwicklung gelingt

Die (irrelevante) Frage nach der Schuld

Einmal abgesehen davon, dass Ihre Gesprächspartner mit den Details oft gar nichts anzufangen wissen, halte ich die Frage nach der Schuld für irrelevant. Eine ausführliche Darstellung eines ungewollten Ausstiegs auf diesen Ebenen benötigt nicht mehr als fünf Sätze. Denn alle, die selbst auf einer Executive-Ebene unterwegs sind oder waren, werden eine Trennung für etwas völlig Normales ansehen. Der Rechtfertigungsreflex dient meiner Ansicht nach nur einem Zweck – zu verdeutlichen, dass man selbst nicht schuld ist.

Warum ein stilvolles Ende entscheidend ist

Bereits an anderer Stelle habe ich über die oft unterschätzte Bedeutung der letzten 100 Tage geschrieben. Wie sich ein Ausscheiden aus einer Position gestaltet ist das Entscheidende, nicht dass es zu einem Wechsel oder einem unfreiwilligen Ausstieg kam. Am Ende beweisen Sie die Integrität Ihrer Person und stellen Ihre Fähigkeit, bis zum Ende motiviert bei der Sache bleiben zu können, unter Beweis. Wer auch am Schluss Haltung bewahrt, macht sich auch in rechtlicher Hinsicht nicht angreifbar und erhält sich die Referenzfähigkeit.

Setzen Sie schnell einen Punkt hinter die Sache

Aus der Erfahrung mit vielen unserer Klienten kann ich darum nur empfehlen, offen mit der Tatsache des ungewollten Ausstiegs als solcher umzugehen. Dabei muss man keineswegs in langen Ausführungen darüber berichten, wie genau der Ablauf des Ausstiegs war und wer welchen Anteil daran hatte. Das mag vielleicht für Einzelne von Interesse sein – aber in der Regel hinterlässt ein solches Verhalten vor allem den Eindruck, dass vielleicht doch mehr an einer Geschichte hängt als dies augenscheinlich der Fall ist.

Viel wichtiger als der Blick nach hinten und die sogenannte „Bewältigung“ der Vergangenheit ist ohnehin der Blick nach vorne. Gerade wenn der Ausstieg überraschend kommt und sich ungeplant vollzieht, müssen alle Anstrengungen auf der beruflichen Neuorientierung liegen – beispielsweise durch die Aktivierung alter Kontakte oder der Prüfung von möglichen Übergangslösungen. Der Übergang und die Neuorientierung gelingen umso souveräner, je besser Sie mit sich und der Vergangenheit im Reinen sind.

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Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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