Wie der Profisport auf Topmanagement-Aufgaben vorbereitet

Wie der Profisport auf Topmanagement-Aufgaben vorbereitet

Wie der Profisport auf Topmanagement-Aufgaben vorbereitet 1024 683 Ralf Koslowski

Gestern Hockey-Olympiasieger und Deutscher Meister, heute Gründer und Chef einer Agentur für Sport-Marketing. Der ehemalige Profi-Sportler Moritz Fürste blickt mit seinen 33 Jahren bereits auf einen beeindruckenden Lebenslauf zurück. Ralf Koslowski, General Manager bei The Boardroom, hat mit Fürste über Parallelen zwischen der Führung im Spitzensport und im Topmanagement gesprochen. Fünf Fragen und Antworten, die zeigen, dass der Agenturchef ein Führungsverständnis vertritt, das sich durchaus sich von den im Topmanagement von Konzernen und Mittelständlern herrschenden Überzeugungen abhebt.

Neben Ihrer beachtlichen Spitzensportler-Karriere sind Sie
auch privat stets aktiv gewesen und ruhen sich nicht auf Ihren Erfolgen aus. Was treibt Sie an? Inwieweit hat Sie der Profisport auf die Herausforderungen als Agentur-Chef vorbereitet?

Moritz Fürste: Mich treiben immer schon die Dinge an, die mich faszinieren und begeistern. Ich habe früh festgestellt, dass mein Selbstvertrauen und meine Zuversicht sich auf die Dinge fokussiert, von denen ich weiß, dass ich für sie brenne. Aus meiner Zeit als Sportler habe ich vor allem das Zusammenspiel im Team mitgenommen. Es gibt viele Wege Teams erfolgreich zu führen, ich glaube, dass ich einen für mich passenden Weg gefunden habe: Gute Teams definieren sich vor allem durch eine gut strukturierte Aufgabenverteilung und entsprechendes Hierarchieverständnis. Dabei gibt es nicht EINE Lösung, sondern eine, die jeweils zu den einzelnen Teammitgliedern passen muss.

Was macht Ihrer Meinung nach eine Spitzensportler-Persönlichkeit im Kern aus? Und bringen Spitzensportler aufgrund dieser Persönlichkeitsmerkmale besonders gute Voraussetzungen für das Topmanagement mit?

Moritz FürsteMoritz Fürste: Ich bin fest davon überzeugt, dass Spitzensportler – und ich weite das gern noch auf den Mannschaftssport aus, in dem ich mich mein Leben lang bewegt habe – ausgezeichnete Teamplayer sind und dass auch in ein berufliches Umfeld übertragen können. Als Teamsportler lebt man zum Beispiel mit einer Feedbackkultur, die sich Nicht-Sportler erstmal erarbeiten müssen. Offen, sachlich und direkt zu kommunizieren und auch Feedback zu geben und anzunehmen sind keine Qualitäten, die jedem in die Wiege gelegt werden. Als Sportler lebt man damit zwangsweise rund um die Uhr. Gerade im Team gibt es für alles was man macht unmittelbar und direkt Feedback.

Auch der Wille, das Durchsetzungsvermögen und die Qualität bis zum Ende für ein gestecktes Ziel zu kämpfen, sind Qualitäten, die man durch den Sport lernt. Alles das sind Merkmale, die Topsportler von den Voraussetzungen her auf jeden Fall für höhere Management-Aufgaben qualifizieren.

Offene, direkte Kommunikation, Durchsetzungsvermögen und der Wille für ein Ziel zu kämpfen, sind Qualitäten, die Topsportler für höhere Managementaufgaben qualifizieren.

Eine Gemeinsamkeit von Spitzensportlern und Topmanager ist, dass sie häufig besonders stark im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Sehen
Sie Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten in der Wertschätzung, die
beiden durch die mediale Öffentlichkeit zuteilwird?

Authentizität und Führung

Wie positionieren Sie sich authentisch in den Social Media?

Moritz Fürste: Der Unterschied ist, das Sportler in 90% der Fälle aus positiven Gründen im Mittelpunkt stehen. Heutzutage definieren sich immer mehr CEOs als Marke, um ihr Unternehmen zu pushen. Ich sehe das kritisch. Bei Sportlern ist es echt, weil der Athlet die Marke ist, um die es geht. Wenn ich Stahl oder Autos produziere, ist es aber uninteressant wer die Firma führt, wichtig ist, dass sie im Innenverhältnis gut geführt wird. Je mehr Fokus auf die Kommunikation nach außen gelegt wird, desto schwieriger wird es.

Gerade wenn Spitzensportler oder Topmanager vermeintlich keine Top-Leistung abgeliefert haben, hagelt es schnell Kritik. Wie sind Sie mit den kritischen Stimmen zur „Bronze“-Leistung Ihres Teams in Rio umgegangen? Und in wieweit unterscheidet sich Ihre Reaktion auf kritisches Feedback im Business?

Moritz Fürste: Ich habe tatsächlich gar keine kritischen Worte zu unserer Bronzemedaille gelesen.

Aber unab hängig davon gehört Kritik dazu. Auch als Sportler kann ich nicht erwarten, dass in der Öffentlichkeit nur berichtet wird wenn alles glatt läuft. Entscheidend ist dabei immer die Art und Weise. Ich bin sogar grundsätzlich für mehr und intensivere Kritik. Gerade in den Randsportarten wird meist nur berichtet, wenn WM-Titel oder ähnliches geholt werden. Ich will nach einem 2-5 gegen Belgien nicht lesen, dass wir “besser waren und ganz ärgerlich verloren haben”, weil das vom Verband so als Statement rausgegeben wird. Da tun sich auch die Verbände keinen Gefallen, alles immer so weich zu spülen.

Niederlagen und Misserfolge geben wichtige Hinweise darauf, wo Dinge nicht rund laufen und die Leistung (noch) nicht stimmt. Es ist wichtig, Schwachstellen klar und ehrlich zu benennen. Nur durch eine kritisch-konstruktive Reflexion schafft man die Voraussetzung, um sich selbst, Produkte und Dienstleistungen weiterzuentwickeln und zu verbessern.

Sie haben sich bewusst dazu entschlossen, den Profi-Hockeysport zu beenden, um sich nun mehr den beruflichen Herausforderungen zu widmen. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Moritz Fürste: Ich möchte den größtmöglichen Erfolg mit meinem neuen Team erreichen. Die Ziele sind nicht mehr so eindeutig wie früher, wo klar war, dass es um Medaillen geht.

Auch die individuellen Ziele der Kollegen sind nicht zwingend gleich. Im Sport stehen nur selten persönliche Ziele dem Gruppenziel im Weg. Das kann im Job schon mal anders sein. Dies ist eine Herausforderung, die es zu bewältigen geht, denn grundsätzlich ist der Drang weiter zu kommen und auch individuell beruflich erfolgreich zu sein, ja etwas sehr Positives.

Auch das Arbeitsumfeld und vor allem Feedback sind mir enorm wichtig. Ich möchte keinen Mitarbeiter jemals verlieren, weil er sich nicht wohlfühlt. Wird im Einzelfall nicht immer zu verhindern sein, aber zur Orientierung sage ich mir das immer wieder.

Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.

Über den Interviewpartner

Moritz Fürste hat während seiner aktiven Hockey-Karriere beim Uhlenhorster HC alle Titel gewonnen, die man gewinnen kann: Vom Olympiasieger bis zum Deutschen Meister ist alles dabei. Neben seiner beachtlichen Spitzensportler-Karriere ist Fürste auch privat stets aktiv gewesen.

Neben dem Profi-Hockey haben hat er MBA an der Hamburg School of Business Administration absolviert, einen Podcast „MoSports“ auf der Plattform der Online Marketing Rockstars laufen. Fürste hat als Marketing-Chef bei Thjnk gearbeitet, die Moritz Fürste Hockey Academy by adidas gegründet und im Februar dieses Jahres sein erstes Buch „Nebenbei Weltklasse – Aus Liebe zum Sport“ im Edel-Verlag veröffentlicht. Darüber hinaus hat der 33-jährige Familienvater 2017 auch noch gemeinsam mit Thjnk-Gründer Michael Trautmann eine Agentur für Sportmarketing gegründet: Upsolut Sports.

[Bildnachweis: © Moritz Fürste, istock.com/kiankhoon]

Ralf Koslowski

Ralf Koslowski ist General Manager bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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