Welche Bedeutung hat die vertragliche Beschäftigung?

Welche Bedeutung hat die vertragliche Beschäftigung?

Welche Bedeutung hat die vertragliche Beschäftigung? 1024 684 Prof. Dr. Paul Melot de Beauregard

Sowohl für Vorstände und Geschäftsführer als Organe eines Unternehmens, wie auch für leitende Angestellte, ist es von besonderer Bedeutung, was ihre Tätigkeit im Einzelnen ausmacht. Schließlich verbringen sie zumeist deutlich mehr Zeit mit Detailfragen, als mancher ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Entsprechend wird schon beim Abschluss des Dienst- oder Arbeitsvertrages Wert darauf gelegt, welche Tätigkeiten „garantiert“ sein sollen. Das beginnt schon bei der Frage, was die verantworteten Budgets und Umsätze sind.

Auf die Details kommt es an

Außerdem ist es wichtig, den Inhalt der Tätigkeit zu beschreiben. Darunter können  beispielsweise die Verantwortung für Finanzen, Einkauf, HR, oder Entwicklung fallen. Auch der Umfang der Personalverantwortung, die Vertretungsbefugnis oder gar eine Prokura sind regelmäßig von großer Bedeutung.

Indem solche Eckdaten im Dienst- oder Arbeitsvertrag festgelegt sind, bindet sich der Arbeitgeber dahingehend, dass er diese garantierten Beschäftigungsmerkmale nicht mehr einseitig verändern oder entziehen kann. Tut er das doch, setzt er sich Schadensersatzforderungen, einstweiligen Verfügungen und einem Anspruch des Managers auf vertragsgemäße Beschäftigung aus.

Vertragsgemäße Beschäftigung vs. „Sterbezimmer-Praxis“

Die Flut an Initiativbewerbungen verbrennt das eigene Profil

Dass es sich bei vertraglichen Beschäftigungsmerkmalen nicht um einen bloßen Papiertiger handelt, sondern diese durchaus sehr konkret vollstreckbar sind, hat jüngst das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einer Entscheidung vom 28. Oktober 2020 (25 Sa 1105/20) wieder bestätigt. In dem genannten Fall war einer Führungskraft mehrfach gekündigt worden. Der Arbeitgeber wollte sich um jeden Preis von ihr trennen – das Verhältnis war völlig zerrüttet.

Teil dieses Trennungsprozesses war auch die als „Sterbezimmer-Praxis“ verpönte Vorgehensweise, den Manager in einen fast leeren Raum an einen ebenso leeren Schreibtisch zu setzen und gewissermaßen sich selbst zu überlassen. Das ließ der Manager sich jedoch nicht gefallen und machte seinen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung geltend.

Das Gericht gab der Führungskraft Recht, erklärte die Kündigungen für unwirksam und verurteilte das Unternehmen nicht nur auf vertragsgemäße Beschäftigung, sondern auch auf „Schmerzensgeld“ in Höhe von 50.000 Euro. Dabei wird dem Unternehmen dieses Schmerzensgeld weniger wehgetan haben, als der Umstand, gezwungen zu sein, den ungeliebten Manager nun wieder als Vorgesetzten, Entscheider und Repräsentanten der eigenen Marke nach außen einsetzen zu müssen.

Eine ordentliche Beendigung bietet Chancen für beide Seiten

In diesem Konflikt zeigte sich einmal mehr deutlich das Problem des hohen deutschen Kündigungsschutzniveaus, das keinen Unterschied macht zwischen dem Industriearbeiter auf der einen Seite und der hochdotierten Prokuristin auf der anderen. Bei letzterer ist freilich der Druck auf ein Unternehmen höher, sich im Falle des sprichwörtlich „zerschnittenen Tischtuchs“ trennen zu können.

Allerdings tut auch der Manager sich zumeist keinen Gefallen damit, auf Teufel komm raus an seiner Beschäftigung festzuhalten. Zu sehr fixiert er sich häufig auf das bestehende Vertragsverhältnis und übersieht dabei Chancen, die er sich durch einen rufschädigenden und langwierigen Prozess möglicherweise verbaut.

Topmanager Journal

Sie möchten regelmäßig Neuigkeiten aus der Topmanagerwelt? Als Abonnent unseres Journals erhalten Sie viermal im Jahr exklusives Wissen kostenfrei in Ihr Mail-Postfach.

Fazit: Von einer Eskalation profitiert niemand

Letztlich kann nur die Einsicht beider Parteien eine Lose-Lose-Situation verhindern. Nur eine außergerichtliche und einvernehmliche Einigung kann zu einem wirtschaftlich für beide Seiten vertretbaren und würdevollen Ende des gemeinsamen Weges führen. Hätte im vorliegenden Fall das Unternehmen rechtzeitig das Gespräch mit dem Manager gesucht und eine entsprechende professionelle Hilfe in Anspruch genommen, so wäre beiden Seiten diese unangenehme Entwicklung sicher erspart geblieben.

Unsere Artikel-Empfehlungen:

[Bildnachweise: © iStock – simpson33 / South_agency]

Prof. Dr. Paul Melot de Beauregard

Prof. Dr. Paul Melot de Beauregard ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei Jones Day. Er berät Mandanten in allen Bereichen des nationalen und internationalen Arbeitsrechts, insbesondere bei Umstrukturierungen, Transaktionen und Verhandlungen mit Gewerkschaften und Betriebsräten. Darüber hinaus berät er bei Arbeits- und Dienstverträgen mit Vorständen, Geschäftsführern und leitenden Angestellten sowie in Compliance-Fragen, betrieblicher Altersversorgung und beim Outsourcing. Er verfügt über langjährige Erfahrung in gerichtlichen und außergerichtlichen Trennungs- und Haftungsprozessen, der Implementierung von Vergütungs- und Leistungssystemen sowie bei der Unterstützung in Angelegenheiten der Arbeitnehmerüberlassung, bei Steuer- und Sozialversicherungsfragen und bei der Beratung in Verbindung mit Entsendungen und internationalen Personalprojekten. Zu seinen Mandanten zählen namhafte Unternehmen und Einrichtungen aller Branchen sowie die Öffentliche Hand. Herr Melot de Beauregard ist zudem Honorarprofessor an der juristischen Fakultät der FernUniversität Hagen und Vorstandsmitglied von pro bono Deutschland e.V., einem von Anwaltskanzleien getragenen Verein, der sich für die Etablierung und Förderung der Pro bono-Arbeit in Deutschland einsetzt.

Alle Beiträge von:Prof. Dr. Paul Melot de Beauregard