Die Erfolgsgeschichten von Topmanagern, die den Wechsel in die Politik gewagt haben, sind rar gesät. Am ehesten sind diese in der jüngsten Geschichte der USA zu finden wie beispielsweise im Fall des US-Finanzministers. Doch werden auch Besetzungen wie diese häufig noch als Experiment bewertet. Vor allem in Deutschland ist der Wechsel von der Wirtschaft in die Politik die absolute Ausnahme.
Gleichzeitig haben Karrieren in der Politik in der Regel ein natürliches Ende, da entweder eine Amtszeitbegrenzung oder spätestens aufgrund sich ändernder Wahlergebnisse ein Ausscheiden aus einem Amt nach sich zieht. Ein Wechsel in die Wirtschaft stellt hier eine mögliche Option für die Fortsetzung der beruflichen Karriere dar.
Ein Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt gilt als umstritten und aufgrund der Unterschiede als nicht unproblematisch.
Was spricht für einen Wechsel von der Wirtschaft in die Politik?
Es gibt in der Tat gute Argumente und inhaltliche Anknüpfungspunkte für die eingangs erwähnte Bewegung von der Wirtschaft in die Politik. Insbesondere Topführungskräfte können hier wertvolle Kontakte, Wissen, Erfahrung und Sachverstand in die neue Tätigkeit mit einbringen. Warum gibt es dennoch vergleichsweise wenig Beispiele für Karrieren in der Politik, deren Ursprung in der Wirtschaft liegt?
Bei der Suche nach Gründen wird schnell klar, dass die starke Leistungsorientierung, die im unternehmerischen Kontext eine Selbstverständlichkeit ist, in der Politik in dieser Form fehlt.
Die mediale Aufmerksamkeit steigt hingegen in einem überproportionalen Ausmaß an. Da bei Spitzenführungskräften die Reputation eine zentrale Bedeutung hat, würde ein Wechsel in die Politik insofern ein schwer kalkulierbares Risiko mit sich bringen. Nicht zuletzt macht der enorme zeitliche Aufwand, der zu einer traditionellen politischen Karriere gehört, diesen Weg mehr oder weniger unmöglich.
Topmanager, die einen Wechsel in die Politik in Betracht ziehen, sind gut beraten sich alle damit verbundener Risiken bewusst zu machen.
… und von der Politik in die Wirtschaft?
Etwas anders sieht es beim Wechsel von der Politik in die Wirtschaft aus. Insbesondere Rahmenbedingungen wie die gesetzliche Regelung zur Karenzzeit sind hier zu beachten. Für Politiker, die einen Wechsel von der Politik in eine Position in einem Unternehmen oder einem Verband planen, ist eine rechtliche Beratung also unbedingt empfehlenswert. Neben den rechtlichen Regelungen sind weitere Risikofaktoren, die sich auf den weiteren Karriereverlauf auswirken, beim Entscheidungsprozess zu beachten.
Grundsätzlich sprechen insbesondere die gute Vernetzung sowie die tiefen Einblicke in die Strukturen und Regelungen eines bestimmten Fachbereichs durchaus für einen Wechsel von Politikern in die Wirtschaft. Dabei ist zu beachten, dass diese Qualifikationen optimal zu einer Position und dem Portfolio eines Unternehmens passen müssen. Eine längere Zeit der Suche ist hier nicht unüblich, so dass eine professionelle Begleitung ratsam ist. Eine genaue Sondierung, welcher Karriereschritt in welchem fachlichen Feld wirklich sinnvoll ist, halte ich für entscheidend für den Erfolg eines Wechsels.
Weitere Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Politik
Politische Arbeit besteht aus weit mehr als aus der Arbeit im Kanzleramt, den Ministerien, der Verwaltung oder den Parteien. Insofern muss die Frage, ob sich ein Wechsel von der Wirtschaft in die Politik als Karriereschritt für Topmanager anbietet, differenzierter betrachtet werden. Denn auch Wirtschaftsverbände oder Medienunternehmen sind ein Teil der politischen Landschaft.
In der Außenwahrnehmung sind auch politiknahe Betätigungen wie etwa das Engagement im Bereich Lobbyismus nicht unproblematisch. Der Schritt an die Spitze eines Verbandes sollte daher gut überlegt sein. Aufgrund der guten Vernetzung und die notwendige Erfahrung, die für Positionen in diesem Bereich nötig sind, bieten sich für Topführungskräfte hier durchaus mögliche Anknüpfungspunkte.
Auch bei einem Wechsel in politiknahe Beschäftigungsfelder ist es ratsam, eine genaue Analyse der persönlichen Stärken vorzunehmen, um abzugleichen, welche in diesem Feld tatsächlich eingebracht werden können.
Kulturunterschiede und Reputationsrisiko
Angefangen bei den Ausbildungs- und Karrierewegen über die Arbeits- und Denkweisen bis hin zu den Entscheidungsstrukturen in Unternehmen – die Kulturunterschiede zwischen Wirtschaft und politischem Betrieb könnten kaum größer sein. Aus dieser Perspektive ist es kaum verwunderlich, dass die Wechselbewegungen zwischen Wirtschaft und Politik ungleich kleiner sind als die von der Politik in die Wirtschaft. Die Betrachtung von Einzelfällen zeigt zudem, wie hoch das Reputationsrisiko für den Fall ist, dass ein Wechsel schief geht.
Eine intensive Vorbereitung und Begleitung des Prozesses sind darum eine Grundvoraussetzung für alle Führungskräfte, die sich mit dem Gedanken befassen, trotz dieser Risiken einen Wechsel anzustreben.
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