Topmanager in Umbruchphasen (Teil II)

Topmanager in Umbruchphasen (Teil II)

Topmanager in Umbruchphasen (Teil II) 1024 531 Claus Verfürth

Auch Topmanager trifft ein ungewollter Jobverlust hart. Das erleben wir in der Beratung hautnah mit. Daher haben wir wissenschaftlich untersuchen lassen, welche emotionalen Phasen Führungskräfte durchleben. Das Ergebnis: Die Verläufe solcher Umbrüche ähneln einem schweren Gewitter.

So erleben Topmanager das Gewitter

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1. Wolken ziehen auf

In diesem Bild ist die Führungskraft, die stolz auf die bisherigen Erfolge blickt, vergleichbar mit einem Wanderer, der luftige Höhen erklommen hat. Ir­gend­wann beginnen Wolken aufzuziehen. Die Studienergebnisse zeigen allerdings, dass diese in der akuten Situation nicht als Bedrohung, sondern erst im Nach­hin­ein als Vorboten des Gewitters wahrgenommen werden:

  • Die Top-Manager werden nicht mehr zu allen wichtigen Meetings eingeladen.
  • Sie erfahren Neuigkeiten nicht mehr aus erster Hand.
  • Die Kommunikation mit dem Vorgesetzten nimmt ab.

2. Der Blitz schlägt ein

Dann zeigt sich, die Wolken verziehen sich nicht, sondern der Blitz schlägt ein: Das Unternehmen trennt sich vom Topmanager. Der Schock trifft ihn hart und lässt ihn wie einen Wanderer aus großer Höhe abstürzen. Mit der Position bricht für den Manager die zentrale Säule seines Lebenskonzepts weg. Topmanager fühlen sich in dieser Situation oft ohnmächtig und hand­lungs­un­fä­hig. Spätestens mit der Schlüsselabgabe für das Büro und den Dienstwagen und den abnehmenden Kontakten zu ehemaligen Weggefährten wird ihnen der Verlust in seinem ganzen Ausmaß bewusst.

3. Die Ruhe vor dem Sturm

Der Absturz hat das Selbstbild des Managers zwar etwas angekratzt, aber aufgrund seiner bisherigen Erfolgsgewissheit schöpft er neuen Mut. Er ist überzeugt davon, dass es sich nur um ein kurzes Tief handelt, das er schnell überwindet. So arbeitet er sich wieder nach oben und macht sich mit Disziplin auf die Suche nach einer neuen, gleichwertigen Position.

Es stellt sich jedoch heraus, dass diese doch nicht so leicht und schnell zu finden ist. Der Topmanager ist einer Illusion auf einen schnellen Wie­der­ein­stieg erlegen. Doch er macht die bittere Erfahrung, dass man weder auf dem Arbeitsmarkt auf ihn wartet, noch seine Persönlichkeit immer ursächlich für den bisherigen Erfolg war. Ein erneuter Rückschlag ist die Folge.

Wie schnell und gut Manager diesen verarbeiten und sich wieder wie der Wanderer auf den Weg nach oben machen, hängt sehr stark vom Grad ihrer Selbstkomplexität ab. Je weniger sich Führungskräfte allein über ihre bisherige berufliche Position definieren, sondern auch über ihre Identität aus anderen Rollen, zum Beispiel als Vater, Sportler oder Musikliebhaber, desto besser kompensieren sie den Verlust.

Für viele Topmanager ist jedoch die Rolle des erfolgreichen Firmenlenkers zum zentralen Pfeiler ihrer Identität geworden. Person und Position sind mit der Zeit so stark verschmolzen, dass sie nicht mehr unterscheiden konnten, welche Anerkennung sie aufgrund ihrer Persönlichkeit und welche aufgrund ihrer Position erhalten haben.

4. Der lange dunkle Regen

Zu diesem Zeitpunkt stellen die Führungskräfte oft fest, dass der Wie­der­ein­stieg länger dauern wird als gedacht. Der Wind für den Wanderer dreht also nicht so schnell wie erwartet.

Rückblickend beschreiben Topmanager diese Erkenntnis als Auflösung einer Illusion, der Wiedereinstiegsillusion. Dies ist der Ausgangspunkt für eine emotionale Talfahrt – den langen, dunklen Regen. Viele Manager erleben nun erstmalig, dass sie sich aktiv um eine Position bemühen müssen. Dabei stellt es für viele eine besondere Hürde dar, dies aus einer vermeintlich schwachen Position tun zu müssen.

In dieser Phase ist der Austausch mit externen Ratgebern besonders wichtig. Neben der Motivation und Stärkung des Selbstbewusstseins ist die Her­aus­ar­bei­tung von persönlichen Alleinstellungsmerkmalen, Werten und Zielen entscheidend. Diese sind die Grundlage für die persönliche Marketingstrategie und ein selbstbewusstes Auftreten am Arbeitsmarkt.

5. Die Wolken brechen auf

Mit der persönlichen Marketingstrategie im Gepäck und neuen Kontakten erarbeitet sich der Topmanager neue Angebote. Das Gewitter verschwindet. Es sind nur noch einige Wolken am Himmel zu sehen. Der Manager ist an dem Erlebten gewachsen. Durch die Besinnung auf die ganz persönlichen Ziele und Wertvorstellungen gelingt es ihm letztlich, den Umbruch konstruktiv zu bewältigen und in einer neuen Position durchzustarten. Häufig entspricht diese neue Aufgabe stärker den persönlichen Stärken und Wünschen und die Manager sind zufriedener als in der verlorenen Position. Der Wanderer ist auf einem neuen Gipfel angekommen.

Im 3. Teil meiner Reihe erfahren Sie, wie Führungskräfte kritische Kar­rie­re­si­tua­tio­nen erkennen, den Jobverlust besser verarbeiten können sowie Tipps zur Neuorientierung. Haben Sie den ersten Teil zum Thema Topmanager verpasst?

Über die Studie

Die deutschlandweit einmalige Studie steht unter der wissenschaftlichen Leitung von Sebastian Debnar-Daumler von der HPO Research Group. Sie ist Bestandteil der Masterarbeit von Jörg Bauer zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts (M. A.) an der Hochschule Fresenius Köln im Fachbereich Wirtschaft & Medien, Studiengang Business Psychology.

Die Studie „Auf der Überholspur ausgebremst“ bietet einen umfassenden Einblick in die Lebenswelt von Senior Executives in ungewollten Um­bruch­pha­sen. Sie hilft Führungskräften, kritische Karrieresituationen frühzeitig zu erkennen, und liefert Betroffenen konkrete Hilfe für die Verarbeitung des Jobverlusts sowie praktische Tipps zur Neuorientierung.

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[Bildnachweis: © shutterstock.com / Dark Moon Pictures]

Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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