Ruhestand: Topmanager fürchten sich vor dem Tag danach

Ruhestand: Topmanager fürchten sich vor dem Tag danach

Ruhestand: Topmanager fürchten sich vor dem Tag danach 1024 533 Claus Verfürth

Der Abschied vom Unternehmen fällt Top-Managern auf dem Weg in den Ruhestand extrem schwer. Gestern noch waren sie der hochdekorierte Star am Unternehmenshimmel, bekamen Bestätigung im Unternehmen und von ihren Kunden. Dies strahlte warm ab auf das Pri­vat­le­ben. Dort wurde mit äußerstem Wohlwollen die Nähe und Bekanntschaft zu dem Manager betont.

Doch dann sollte alles anders werden. Schon einige Monate vor dem geplanten Wechsel in den nächsten Lebensabschnitt knirscht es im Gebälk des hoch-performenden Unternehmenslenkers. Die Gedanken kreisen um die neue Situation: „Wie die Zeit danach denn wohl werden wird?“ Im Unternehmen wird er nicht mehr gebraucht. Längst ist ein Nachfolger da, soll vielleicht auch noch von ihm eingearbeitet werden. Und das in ein Gebiet, das der Manager eigentlich gar nicht verlassen will.

Jetzt wird alles anders

Dem Manager wird bewusst, dass die Firma sein einziger Lebensinhalt war und immer noch ist – dies war auch eine akzeptierte Grundhaltung in der Familie. Alles hatte sich auf die Karriere des Managers ausgerichtet, egal ob es sich nun um Termine, Veranstaltungen, Arbeitszeiten, Kindererziehung oder ähnliches drehte. Die Rollen waren verteilt und die Verteilung hatte sich bewährt. Zuhause droht jetzt das „Nicht-gebraucht-werden“. Was also tun mit der vielen freien Zeit? Für Hobbys war in der Vergangenheit kein Platz. Diese sind somit genauso wenig vorhanden oder geplant wie andere Aktivitäten, denn mit dem Unternehmensglanz schwinden auch die Einladungen zu gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Völlig richtig rät Lutz Glandt, ehemaliger Bereichsvorstand bei Deutsche Post AG, im Xing Klartext allen Topmanagern: „Egal, welche Altersgrenze in euren Verträgen steht – macht euch spätestens mit Mitte 50 zunehmend Gedanken über die Zeit des Ruhestands. Und vor allem auch darüber, wie ihr sie gestalten wollt.“ (Hier können Sie den kompletten Artikel „Mit 30 wurde ich erstmals mit der Altersgrenze konfrontiert“ lesen)

Wissen Sie wirklich, wie Sie ein Mehr an Freizeit füllen würden?

Vielleicht denken Sie jetzt, dass das ja alles gar nicht notwendig ist. Man selbst weiß doch sehr genau, was man mit seiner freien Zeit anfangen würde. Dies stimmt, aber nur so lange, wie freie Zeit ein rares Gut ist. Wenn aber der Tagesablauf nicht mehr von Terminen bestimmt und von Meetings und Veranstaltungen geprägt ist, sieht dies oft anders aus. Ein Gefühl des „Nicht-mehr-gebraucht-werdens“ oder der Inhaltsleere stellt sich ein: das Gefühl, „nichts mehr bewegen zu können“ und abgenabelt zu sein von wichtigen Entscheidungen.

Ein sanfter Übergang in den Ruhestand ist möglich

Dazu muss es jedoch nicht kommen. Planen Sie einen sanften Ausstieg aus dem Unternehmen – zum Beispiel durch eine schrittweise Reduktion der Arbeitszeit oder eine Beratertätigkeit nach Eintritt in den Ruhestand. So können die Folgen abgemildert werden. Dem Unternehmen bleibt außerdem der vielbeschworene Erfahrungsschatz länger erhalten und die Loyalität des Ruheständlers zum Unternehmen steht auf einer wesentlich besseren Basis. Weitere Aufgaben können das Portfolio an Tätigkeiten im Ruhestand ergänzen, sodass sich eine abwechslungsreiche Mischung ergibt: Beiratsmandate, ehrenamtliche Tätigkeiten, Projektaufträge, usw.

Selbstverständlich ist dies alles abhängig von der Bereitschaft der „Fast-Ruheständler“, sich mit der neuen Situation intensiv auseinanderzusetzen. Nicht umsonst werden Top-Manager in vielen Unternehmen mittlerweile „zwangsweise“ in Infoveranstaltungen und Workshops auf den folgenden Lebensabschnitt vorbereitet. Auch ein Coach kann dabei helfen, eine Perspektive für den Ruhestand zu entwickeln.

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[Bildnachweis: © shutterstock.com / Grzejnik]

Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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