Wie sich die Konjunktur in diesem Jahr entwickeln wird, kann niemand genau vorhersagen. Eines aber ist ganz sicher: Viele Unternehmen befinden sich in extremen Veränderungssituationen – sowohl strategisch, als auch strukturell. Uns wird momentan häufig die Frage gestellt, wann der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel ist, um eine neue Aufgabe in einem anderen Umfeld zu übernehmen.
Gerade in den Branchen, die von deutlichen Veränderungen geprägt sind, machen sich Mitarbeiter vermehrt Gedanken darüber, selbst aktiv zu werden. Sie wollen nicht auf den Zeitpunkt warten, bis das Unternehmen ihnen nahe legt, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen oder ihnen gar klar mitteilt, dass sich ihre Wege trennen müssen. Demgegenüber steht der berechtigte Wunsch, ein Angebot zum Ausscheiden von Seiten des Unternehmens abzuwarten, um eine potenziell in Aussicht gestellte Abfindung noch mitnehmen zu können. Doch was passiert, wenn ich dann das Unternehmen verlasse und eine neue Option auf dem Markt – genau zu diesem Zeitpunkt – nicht in Sicht ist? Noch bitterer ist es, wenn man einige Zeit vorher mögliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht genutzt hat, weil man auf eine Abfindung gehofft hatte.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, das Unternehmen zu wechseln, um eine neue Aufgabe in einem anderen Umfeld zu übernehmen?
Um es klar zu sagen: Es gibt nicht den richtigen oder falschen Zeitpunkt für den Wechsel und im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer. Aber darauf zu hoffen, dass sich Aufhebungsangebote in der Gesamtsumme erhöhen werden, wenn man nur lang genug wartet, wird sich – das zeigt die Erfahrung – in den meisten Fällen als fataler Trugschluss erweisen.
Welche Aspekte sollten Sie also berücksichtigen, um eine fundierte Entscheidung für oder gegen einen Wechsel zu treffen?
GEHEN ODER BLEIBEN?
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Unsere Empfehlung: Prüfen Sie die folgenden Aspekte und versuchen Sie diese wirtschaftlich zu bewerten.
Die Dauer der Kündigungsfrist
Die vertragliche Kündigungsfrist kann sich auch bei Managern mit steigender Betriebszugehörigkeit verlängern, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Gerade bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen sind Kündigungsfristen von sechs Monaten und länger üblich. Eine Abkürzung der Kündigungsfrist ist nur einvernehmlich möglich, also mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des Unternehmens.
Sprinter-Regelungen
Sprinterregelungen trifft man häufig bei Kündigungsfristen im Rahmen von Change-of-Control Klauseln oder im Rahmen von Sozialplänen. Derartige Sozialpläne können durchaus auch in Arbeitsverträge mit Führungskräften einbezogen werden, bei Geschäftsführern und Vorständen ist dies nicht der Fall.
Good-/Bad-Leaver-Regelungen bei Beteiligungen
Es ist Standard, verschiedene geldwerte Leistungen des Unternehmens von dem Grund des Ausscheidens abhängig zu machen. Es werden sogenannten Good-Leaver und Bad-Leaver-Regelungen vereinbart. Die Eigenkündigung gehört häufig zu den Bad–Leaver-Regelungen, mit der Folge, dass Beteiligungen, variable Vergütung, Sachbezüge oder Altersversorgungsregelungen beeinträchtigt oder gar gänzlich verfallen können
Haltefristen für Long Term Incentives (LTIs)
Nach den üblichen Regeln für Long Term Incentives sind Stichtagsregelungen und Verfallklauseln vereinbart. Außerdem finden sich häufig differenzierte Verfallsregelungen für sogenannte „Good-Leaver“ und „Bad-Leaver“. Hier muss der Manager „höllisch“ aufpassen und seine rechtliche Situation genau prüfen, um nicht das Risiko einzugehen, dass mit einer Eigenkündigung jahrelang erarbeitete, aber noch nicht gevestete LTis ersatzlos verfallen.
Stichtagsregelungen für besondere Leistungen (Boni, Gratifikationen)
Auch muss der Manager die Gewährung von Boni oder sonstigen Sonderleistungen, wie z.B. Signing-Bonus, Ausgleichszahlungen für „verlorene“ Ansprüche gegenüber dem früheren Unternehmen Stichtagsregelungen unterliegen.
Fristen und Stichtagsregelungen für Change-of-Control Klauseln
Möchte der Manager das Unternehmen nach einem Gesellschafterwechsel verlassen, kommen nicht selten Change-Of-Control Klauseln zum Tragen. In Change-Of-Control Klauseln ist ein Sonderkündigungsrecht vereinbart. Hier ist insbesondere auf Stichtagsregelungen zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts zu achten. Der Fristbeginn zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts ist häufig unklar formuliert. Es ist sehr wichtig zu ermitteln, ob Signing, Closing oder erst die Bekanntmachung des Closings oder die Eintragung des Gesellschafterwechsels oder die Bekanntmachung der Eintragung des Gesellschafterwechsels der maßgebliche Zeitpunkt sind.
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Nachvertragliche Beschränkungen/Wettbewerbsverbote
Einem Unternehmenswechsel können nachvertragliche Wettbewerbsverbote entgegenstehen. Hier sind frühzeitig die Wirksamkeit und die Reichweite des Verbots zu prüfen. Der Manager muss wissen, dass Unternehmen niemanden beschäftigen dürfen, die einem wirksamen Wettbewerbsverbot unterliegen.
Retention-Boni
Gerade in Phasen unternehmerischer Unsicherheit, ganz gleich welchen Ursprungs, vereinbaren Unternehmen mit den Schlüsselfiguren sogenannte Retention-Boni. Verlässt der Manager das Unternehmen allerdings aus freien Stücken, wird kein Bonus gezahlt.. Häufig werden diese Boni auch nur bezahlt, wenn der Manager noch für einen festgelegten Mindestzeitraum im Unternehmen verbleibt. Hier ist also Vorsicht geboten. Es ist also durchaus möglich, dass Sie diesen Retention-Bonus verlieren, wenn Sie auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlassen.
Betriebliche Altersversorgung
Das Recht der betrieblichen Altersversorgung ist kürzlich überarbeitet worden. Die Unverfallbarkeitsfrist beträgt nun nicht mehr fünf Jahre, sondern nur noch drei Jahre. Ein Wechsel des Managers lässt die Unverfallbarkeit also unberührt, wenn die Betriebszugehörigkeit drei Jahre überschritten ist. Ein früherer Wechsel lässt die gesetzliche Unverfallbarkeit nicht eintreten, der Manager riskiert seine gesamte betriebliche Altersversorgung.
„Unzeit“ (z.B. bei bevorstehender Insolvenz)
Schließlich ist ungeachtet der vorstehenden Aspekte ein Wechsel eines Managers, der Organ der Gesellschaft ist (Vorstand, Geschäftsführer) rechtlich und wirtschaftlich heikel, wenn der Wechsel zur Unzeit kommt. Der Manager hat eine besondere Treuepflicht zum Unternehmen und darf nicht aus eigenen Stücken wechseln, wenn das Unternehmen in einer besonders schwierigen Situation ist. Dies kann bei konkreter Insolvenznähe der Fall sein. Wechselt der Manager gleichwohl, kann dies empfindliche Schadensersatzansprüche des Unternehmens auslösen.
Freiwilligenprogramme zum Ausscheiden aus dem Unternehmen
Hat das Unternehmen Freiwilligenprogramme aufgelegt sollte der Manager prüfen, ob dieses Programm auch auf sein Anstellungsverhältnis anwendbar ist. Ist im Freiwilligenprogramm keine ausdrückliche Anwendbarkeit vorgesehen, wird es schwierig, den Manager in den Genuss der Leistungen aus dem Programm (Abfindung, Outplacement, Freistellung, Sprinterregelungen etc.) kommen zu lassen. Auf einen etwaigen Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich der Manager kaum stützen.
Bei der Entscheidung für oder gegen einen Wechsel sollten Manager also auch arbeitsrechtliche Details als Entscheidungskriterien nicht außer Acht lassen. Was es darüber hinaus zu beachten gilt, wenn der Arbeitgeber mit dem Wunsch, einen Aufhebungsvertrag zu vereinbaren auf den Manager zukommt oder wenn ein Unternehmen, einen wechselwilligen Manager einstellen möchte, lesen Sie demnächst im zweiten Teil dieses Beitrags.
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