„Führungskräfte brauchen eine starke Stimme“: Interview mit dem neuen ULA-Präsidenten Roland Angst

„Führungskräfte brauchen eine starke Stimme“: Interview mit dem neuen ULA-Präsidenten Roland Angst

„Führungskräfte brauchen eine starke Stimme“: Interview mit dem neuen ULA-Präsidenten Roland Angst 1024 562 Roland Angst

Die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände ULA (United Leaders Association) hat einen neuen Vorstand gewählt. Neuer Präsident unseres Kooperationspartners ist Telekom-Manager Roland Angst (55). Die bereits im bisherigen Vorstand vertretene Vizepräsidentin Susanne Schebel (1. Vorsitzende VFF / Daimler AG) und Schatzmeister Markus Ebel-Waldmann (Präsident VDL) wurden in ihren Ämtern von der Mitgliederversammlung bestätigt. Ebenfalls neu in den Vorstand wurde Dr. Birgit Schwab (1. Vorsitzende VAA / Wacker Chemie AG) als Vizepräsidentin der ULA gewählt.

Topmanager-Blog: Brauchen Führungskräfte eine eigene Interessenvertretung?

Roland Angst: Führungskräfte sind laut Arbeitsvertrag Angestellte, also Arbeitnehmer, und in ihrer Funktion häufig Vorgesetzte. Sie können in einer Person mehrere Perspektiven einnehmen, was sie zum idealen Brückenbauer im Unternehmen macht. Dieses Spannungsverhältnis zwischen sozialem Status und Funktion bestimmt ganz allgemein die Interessen der Führungskräfte, die weder von den klassischen Gewerkschaften noch von den Arbeitgeberverbänden vertreten werden können. Da ist es wichtig, mit einem eigenen Führungskräfteverband in Berlin und Brüssel präsent zu sein, um die politischen Interessen dieser Gruppe einzubringen, Dass dies bei vielen Themen immer erfolgreicher gelingt, habe ich durch meine langjährige Mitarbeit in der ULA über deren Mitgliedsverband „syntra – Das Managementnetzwerk der Deutschen Telekom e.V.“ erlebt, in dem ich mich als stellvertretender Vorsitzender im Bundesvorstand ehrenamtlich engagiere.

Warum ist die Mitbestimmung der Führungskräfte ein Erfolgsmodell?

Angst: Mittels des Sprecherausschussgesetzes ist es gelungen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den oberen Führungsebenen großer Unternehmen erfolgreich in das deutsche System der kollektiven Interessenvertretung und in den sozialen Dialog einzubeziehen. Als leitende Angestellte und Führungskräfte sehen wir uns hier als Partner der Unternehmen, um diese gemeinsam mit den übrigen Arbeitnehmervertretern besser im globalen Wettbewerb aufzustellen. Zusätzlich bringen die leitenden Angestellten, legitimiert durch das Mitbestimmungsgesetz von 1976, ihre Kompetenzen zum Wohle des Unternehmens in die Arbeit der Aufsichtsräte großer Unternehmen ein.

Wie sieht Ihr Engagement konkret aus?

Angst: Seit 2013 vertrete ich als Vorsitzender des Konzernsprecherausschusses der Deutschen Telekom AG sowie als Vorsitzender des Sprecherausschusses der Telekom Deutschland GmbH die Interessen von über 1.500 leitenden Angestellten. Einen Einfluss auf strategische Unternehmensentscheidungen ermöglicht mir mein Mandat als Mitglied deren Aufsichtsrates, wo ich als Teil der Arbeitnehmerseite meinen Beitrag leiste. Um zu wissen, was die Beschäftigten bewegt, hilft es, dass ich weiterhin operativ meine Regelaufgaben als Führungskraft im Geschäftskundenvertrieb der Telekom wahrnehme, also nie den Bezug zur unternehmerischen Praxis verliere.

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An welchen Stellen brauchen wir einen Aufbruch?

Angst: Wir müssen lernen, die Digitalisierung als Chance zu sehen. So haben wir beispielsweise zu Beginn dieses Jahres die erste virtuelle Versammlung der leitenden Angestellten im Konzern Deutsche Telekom ausgerichtet, an der rund 1000 Executives live an den Bildschirmen dabei waren, darunter unserer CEO Tim Höttges. Hier war moderne Mitbestimmung erlebbar. Nach Auslaufen des Corona-Justizpakets müssen diese jährlichen Treffen ab Juli wieder in Präsenz erfolgen. Die digitale Option entfällt. Die ULA hat daher zurecht Nachbesserungen am Betriebsrätemodernisierungsgesetz gefordert, dass eigentlich die Weichen in Richtung Zukunft stellen soll. Hier hätte die Politik auch die Voraussetzungen schaffen können, um Online-Wahlen gewinnbringend zu nutzen, wenn die entsprechenden Software-Lösungen bereitstehen. Leider verlieren wir dadurch bis zur nächsten Gelegenheit einige Jahre.

Welchen Beitrag muss die Politik leisten?

Angst: Es freut mich, dass die ULA mit ihren digitalen Führungskräfte-Dialogen regelmäßig neue Impulse zum Thema gute Führung setzt. Gerade den mittleren Führungsebenen kommt eine Schlüsselfunktion zu, die Transformation der Wirtschaft in der Praxis umzusetzen. Wir müssen die Menschen dabei mitnehmen, denn der Wandel hin zu einer nachhaltigeren und digitalen Wertschöpfung wird ohne einen wirklichen Kraftakt nicht gelingen. Die ULA kann die Erfahrungen der Führungskräfte mit der Praxis von mobilem Arbeiten bündeln und diese aktiv an die politischen Entscheidungsträger herantragen.

Die Herausforderungen sind dabei vielfältig. Es gilt einen Rahmen für die neue Arbeitswelt zu finden, der den Beschäftigten hinreichend Schutz aber eben auch Flexibilität für neue Wege lässt. Hier brauchen wir mehr Mut zur Eigenverantwortung. Gleichzeit ist die Politik gefordert, wo Missstände bestehen, zielführende Leitplanken zu setzen. Was wir brauchen ist beispielsweise ein wirkliches Mixed-Leadership, denn wirtschaftlicher Erfolg darf keine Frage des Geschlechts sein. Auch haben wir uns viel zu lange mit einem mittelmäßigen Schulsystem begnügt, dass statt der Stärken des Föderalismus dessen Schwächen vielfach offen zu Tage treten lässt.

Der Zug fährt und steht nicht still. Unsere internationalen Wettbewerber schlafen nicht. Wir müssen nun im laufenden Betrieb den Kurs ändern und Tempo machen. Es gilt, dauerhaft hierzulande das notwendige Wachstum zu erreichen, um die hohen Kosten zu schultern, die die Pandemie und die vielen kostenintensiven Programme der großen Koalition künftigen Generationen aufgebürdet haben. Das wird nicht einfach. Grundsätzlich brauchen wir eine Kultur, die Leistung stärker anerkennt und fördert. Nur so werden wir angesichts des in vielen Regionen in Deutschland schon bemerkbaren demografischen Wandels den globalen Wettbewerb um die besten Köpfe gewinnen.

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[Bildnachweise: © iStock – metamorworks / Autorenprofilbild: Telekom]

Roland Angst

Roland Angst ist Präsident der ULA - Deutscher Führungskräfteverband. Er ist zusätzlich zu seinen Regelaufgaben als Führungskraft im Geschäftskundenvertrieb der Telekom seit 2013 Vorsitzender des Konzernsprecherausschusses der Deutschen Telekom AG sowie Vorsitzender des Sprecherausschusses der Telekom Deutschland GmbH und Mitglied im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft. Im ULA-Mitgliedsverband „syntra – Das Managementnetzwerk der Deutschen Telekom e.V.“ ist er seit 2011 stellvertretender Vorsitzender im Bundesvorstand.

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