Storytelling statt Bauchladen: Erfolgreich in die neue Spitzenposition

Storytelling statt Bauchladen: Erfolgreich in die neue Spitzenposition

Storytelling statt Bauchladen: Erfolgreich in die neue Spitzenposition 1024 662 Claus Verfürth

Wer sich schon einmal beruflich verändert hat, weiß, dass es in Bewerbungsprozessen nicht nur auf Studienabschlüsse, erreichte Positionen oder möglichst viele spannende Hobbies ankommt, um von sich zu überzeugen. Unternehmen wollen Bewerber, die sich und das, was sie können, gut darstellen können. Gleichzeitig sollen sie „beweisen“, warum gerade sie die Idealbesetzung für eine vakante Stelle sind.

Der Markt für Manager ab 50 wird spezieller

Auf der Ebene der Top-Führungskräfte gelten diese Regeln auch – allerdings in noch schärferer Form. Gerade für Topmanager ab dem 50. Lebensjahr wird der Markt immer spezieller – das bedeutet, dass sie sich immer stärker mit der angestrebten Position auseinandersetzen müssen, um keinen „Bauchladen“ ihrer Fähigkeiten zu präsentieren, um zu überzeugen, sondern eine Story erzählen müssen, um bei den Entscheidern zu punkten.

Wie bringe ich das, was ich kann, konkret zum Ausdruck?

In einem ersten Schritt müssen Top-Führungskräfte, die sich beruflich verändern wollen, darüber klar werden, was sie eigentlich wollen. Eine genaue Zielbestimmung ist die Basis einer jeden beruflichen Veränderung. Gerade ältere Führungskräfte tun sich oft schwer damit, längerfristige Pläne zu schmieden und Veränderungen in Angriff zu nehmen. Neben der Branche, in die man einsteigen will, muss man sich auch über die gewünschte Unternehmensgröße, die Hierarchieebene, Gehaltsvorstellungen und den Ort im Klaren werden, an dem man arbeiten möchte. Gleichzeitig ist die bisherige professionelle Biographie oftmals schon stark durch bestimmte Branchenschwerpunkte und fachliche Ausrichtungen vorgeprägt.

Die eigene Story entwickeln

In einem nächsten Schritt ist es von größter Wichtigkeit, die eigenen Fähigkeiten zu definieren. Wie kann ich das, was mich ausmacht, für das Unternehmen, das mich interessiert, zum Ausdruck bringen? Wer hier nur auf seinen Lebenslauf und ein durchschnittliches Bewerbungsanschreiben setzt, wird schnell feststellen, dass er durch das „Beurteilungsrost“ der Recruiter fällt – und gar nicht erst in die engere Auswahl für eine angestrebte Stelle kommt.

Die Anforderungen an Führungskräfte werden ab einem gewissen Alter und ab einer gewissen Position konkreter, als es in anderen Bereichen des Arbeitsmarktes der Fall ist. Es werden in den letzten Jahren außerhalb von General-Management-Skills immer mehr spezielle Fähigkeiten gefordert, die sowieso als vorhanden unterstellt werden. Und es werden – zumindest in Deutschland – speziellere Branchenkenntnisse gefordert, als branchenübergreifende Erfahrungen. Das ist bedauerlich, weil gerade die Befruchtung aus anderen Branchen für Unternehmen vielfach sinnvoll und mehrwertbringend wäre. Als potenzieller Bewerber muss man sich daher die Frage stellen, warum man der perfekte Problemlöser für das Unternehmen in dessen aktueller Herausforderungslage ist.

Die erste Frage, die sich hier stellen sollte, ist die nach den eigenen Fähigkeiten: Was kann ich? Daran knüpft sofort die Frage an, was mich von den anderen Mitbewerbern unterscheidet. Schließlich sollte man sich im Klaren darüber werden, was man eigentlich für Erwartungen an den neuen Job hat. Wer das für sich klar definiert hat, hat eine wichtige Grundlage für das Storytelling gelegt, das nun folgt.

Wie kann ich mich im Markt positionieren?

Die eigene Story entwickeln

Einfach nur einen „Bauchladen“ aus bereits erreichten Positionen zu präsentieren, wird wohl kaum ein Unternehmen beeindrucken, das eine neue Top-Führungskraft sucht. Viel wichtiger ist es, dass man auf die Zielsetzung und aktuelle Problematik des Unternehmens eingeht und darlegt, dass man selbst der perfekte Problemlöser für dieses Unternehmen ist. Das eigene Profil muss so zugespitzt werden, dass es als Beweis dafür dient, dass man selbst die Optimalbesetzung für eine freie Position ist.

Entscheider wollen vom Kandidaten wissen, ob er ähnliche Probleme in der Vergangenheit schon einmal gesehen und gelöst hat. Erst dann denken sie darüber nach, ob dies dem Kandidaten in ihrem Unternehmen zugetraut werden sollte. Dafür muss der Kandidat in der Lage sein, seine spezielle Problemlösekompetenz anhand von nachvollziehbaren Beispielen und Stories darlegen zu können.

Von großer Bedeutung ist auch die Frage, wer mich im Markt verkaufen kann. Die strategische Nutzung von eigenen Kontakten und auch Kontakten von Netzwerkpartnern hat einen weitaus größeren Einfluss auf den Bewerbungsprozess, als oft angenommen wird. Kontakte können als Türöffner dienen, das eigene Netzwerk als Katalysator für die eigene Karriere. Zu beachten ist, dass Kontakte meist dann weniger belastbar sind, wenn man selbst kein Funktionsträger mehr ist. Daher sind Top-Führungskräfte gut beraten, sich mit ihrer Karriereplanung bereits dann zu beschäftigen, wenn sie noch in ihrem aktuellen Job sind und nicht erst in einer – vielleicht nicht gewollten – Karrierepause.

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Alternative Möglichkeiten

Natürlich kommt nicht für jeden Topmanager ein Wechsel in eine ähnliche Position bei einem Mitbewerber oder in eine höhere Hierarchieebene im eigenen Unternehmen in Frage. Von immer größerer Bedeutung wird der Bereich des Interim-Managements. Hier werden spezielle Kompetenzen für eine begrenzte Zeit im Unternehmen gesucht – gerade Personen mit Restrukturierungserfahrung haben hier in der aktuellen Post-Corona-Zeit gute Chancen.

Ein weiterer spannender Schritt kann die Selbstständigkeit, etwa als Berater, sein. Hier sollte man sich aber im Klaren sein, dass das Storytelling und das Verkaufen der eigenen Person ein ständiger Begleiter im restlichen Berufsleben sein wird. Als Berater muss man permanent darlegen, warum man gerade die Person ist, die bei einem speziellen Problem helfen kann.

Auch als Beirat oder Aufsichtsrat muss man seine Story klar und präzise erzählen können. Hier kommt es allerdings verstärkt auch darauf an, in welchen Unternehmen man (zuvor) tätig ist oder war, da sich Unternehmen gerne mit den Firmen schmücken, aus denen die Beiräte und Aufsichtsräte herkommen – hier zählt also auch die Herkunft, neben den Skills. Wichtig ist auch, frühzeitig mit der Suche nach Beirats- oder Aufsichtsratspositionen zu beginnen – gerade am Anfang kann das eine langwierige und mühsame Angelegenheit sein.

Fazit: Es kommt auf die Skills an

Wer sich als Top-Führungskraft gut verkaufen kann, hat gute Chancen, eine neue, adäquate (Wunsch-)Position zu finden. Es kommt darauf an, dem Unternehmen, bei dem man sich bewerben möchte, das Gefühl zu geben, die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Recruiter schauen in dieser Hierarchieebene nicht nur auf die erreichten Positionen, sie dienen lediglich als Referenz. Wichtiger ist, dass man seine persönlichen Skills kennt und diese adäquat darstellen kann: „Was ist mein Mehrwert für das Unternehmen in seiner aktuellen Situation?“

Wer für sich entscheidet, sich noch einmal neu zu erfinden und etwa in eine Selbstständigkeit als Berater starten will, sollte sich ebenfalls bewusst machen, dass Storytelling einen erheblichen Bestandteil des Berufsalltags ausmachen wird. Ein bloßen Bauchladen, gefüllt mit allerlei Positionen, Abschlüssen und anderen Errungenschaften, reicht nicht mehr aus – die Story davor muss stimmen.

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[Bildnachweise: © iStock – shapecharge / Petar Chernaev]

Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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