Schwamm drüber? Was Sie über Erledigungsklauseln wissen müssen

Schwamm drüber? Was Sie über Erledigungsklauseln wissen müssen

Schwamm drüber? Was Sie über Erledigungsklauseln wissen müssen 1024 535 Dr. Stefan Röhrborn

Die Beendigung eines Anstellungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich beinhaltet häufig eine Erledigung sämtlicher gegenseitiger finanzieller Ansprüche. Doch die Erledigungsklausel hat ihre Tücken. Erfahren Sie, was Sie aus rechtlicher Sicht beim Ausstieg aus dem Unternehmen beachten sollten.

Ansprüche und Nachforderungen bei Ausstieg aus dem Unternehmen

In der Trennungsvereinbarung – zwischen den Parteien oder gerichtlich – werden die etwa noch zu leistenden Zahlungen an die Führungskraft geregelt. Geregelt wird dann aber auch, dass keine Seite mehr von der anderen irgendwelche weiteren Zahlungen verlangen kann, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannt oder unbekannt, gegenwärtig oder zukünftig.

Derartige Klauseln sind aber keineswegs geeignet, Nachforderungen des Unternehmens gegenüber der ausgeschiedenen Führungskraft vollständig zu unterbinden. Auch die Führungskraft kann trotz einer solchen Klausel unter Umständen dennoch Nachforderungen geltend machen.

Problematisch sind vor allem unverzichtbare Ansprüche wie Urlaubsabgeltung und gesetzliche Einschränkungen des Haftungsausschlusses, z. B. nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften. Besonders heikel wird es bei Schadensersatzansprüchen aus Vertragsverletzungen, die bei Abschluss des Aufhebungsvertrags dem Gläubiger noch gar nicht bekannt waren.

Schließlich stellt sich die Frage, ob mit derartigen Erledigungsklauseln auch Ansprüche aus nachvertraglichen Wettbewerbsverboten oder aus einer betrieblichen Altersversorgung „erledigt“ und damit gegenstandslos sind.

Erledigung von Ansprüchen – auch bei „Leiche im Keller“?

Einig ist sich die Rechtsprechung inzwischen darüber: Schadensersatzansprüche des Unternehmens gegenüber der Führungskraft sind nur dann von einer Erledigungsklausel erfasst, wenn die Parteien über derartige Schadensersatzansprüche verhandelt haben oder dem Unternehmen der Schadensersatzanspruch bekannt war. Dies gilt insbesondere für Schadensersatzansprüche, die auf einem vorsätzlichen oder gar strafrechtlich relevanten Fehltritt des Mitarbeiters beruhen.

Führungskräfte können sich trotz einer Trennungsvereinbarung unter Umständen Nachforderungen gegenübergestellt sehen

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Die Führungskraft kann sich also nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit Erledigungsklausel keinesfalls sicher fühlen, wenn sie eine bisher noch nicht entdeckte „Leiche im Keller“ hat. Findet das Unternehmen diese „Leiche“ nach Abschluss des Aufhebungsvertrags, ist das Unternehmen nicht gehindert, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Dies ist ein häufiger Fall in der Praxis. Sämtliche Untreuehandlungen und andere Straftaten zulasten des Unternehmens können nicht nur strafrechtlich, sondern auch zivilrechtlich nach Ausscheiden der Führungskraft und trotz Erledigungsklausel verfolgt und durchgesetzt werden. Dies betrifft beispielsweise den Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Straftaten im Bereich des Datenschutzes.

Andere Ansprüche, die erst nach der rechtlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses fällig werden, können ebenfalls nur dann von der Erledigungsklausel erfasst werden, wenn die Parteien über derartige Ansprüche verhandelt haben. Waren diese Ansprüche nie Gegenstand der Verhandlungen, bleiben sie grundsätzlich bestehen. Dies gilt insbesondere für Ansprüche aus Wettbewerbsverboten oder aber auch für Darlehen oder Vorschüsse, die das Unternehmen der Führungskraft gewährt hat.

Ansprüche aus einer bereits unverfallbaren betrieblichen Altersversorgung können durch Erledigungsklauseln grundsätzlich nicht abgegolten werden.

Situation bei AG-Vorständen

Erledigungsklauseln sind auch in Aufhebungsverträgen mit Vorständen üblich. Während die Gesellschaft ohne weiteres auf Ansprüche gegenüber Geschäftsführern und sonstigen Führungskräften verzichten kann, ist die Rechtslage bei AG-Vorständen eine andere. Denn das Aktiengesetz lässt diese nur in einem sehr eingeschränkten Umfang zu. Schadensersatzansprüche der Aktiengesellschaft können durch eine Erledigungsklausel nicht ausgeglichen werden. Selbst dann nicht, wenn dem Aufsichtsrat Grund und Umfang des Schadensersatzanspruchs im Detail bekannt sind und der Aufsichtsrat gerne auf die Geltendmachung verzichten würde. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung ausdrücklich zustimmt.

Hinzu kommt, dass der Aufsichtsrat nach sehr eindeutiger Rechtsprechung sogar verpflichtet ist, jeden denkbaren Schadensersatzanspruch gegenüber dem Vorstand geltend zu machen. Andernfalls haftet der Aufsichtsrat persönlich dafür. Dies veranlasst die Aktiengesellschaft, Erledigungsklauseln so zu formulieren, dass Schadensersatzansprüche der Gesellschaft von der Erledigungsklausel gerade nicht erfasst sind.

Zusammenfassung und Praxistipps

  1. Beim Abschluss von Aufhebungsverträgen mit Erledigungsklausel ist Vorsicht geboten. Lassen Sie all Ihre möglichen Ansprüche gegen das Unternehmen ausdrücklich in den Aufhebungsvertrag aufnehmen. Dies gilt insbesondere für solche Ansprüche, die möglicherweise erst nach dem Vertragsende fällig werden – wie Boni, Tantiemen, Karenzentschädigung und Altersversorgung.
  2. Insbesondere bei Ansprüchen gegenüber Unternehmen, die nicht Ihr Arbeitgeber bzw. Dienstherr sind, sollten unstreitige Ansprüche ausdrücklich von der Ausgleichklausel ausgenommen werden. Dies kann beispielsweise bei der betrieblichen Altersversorgung oder auch bei Beteiligungsprogrammen (Aktien, Optionen, etc.) der Fall sein.
  3. Die berühmte „Leiche im Keller“ verschwindet nur dann auf Nimmerwiedersehen, wenn sie dem Unternehmen ausdrücklich bekannt ist und bei Abschluss des Aufhebungsvertrags ausdrücklich Gegenstand der Verhandlungen war. Ist dies nicht der Fall? Dann müssen Sie still halten und hoffen, dass das Unternehmen die „Leiche“ nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist findet. Für Vorstände von Aktiengesellschaften gilt: Sie können sich durch eine Erledigungsklausel grundsätzlich nicht vor Schadensersatzansprüchen „retten“.

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Dr. Stefan Röhrborn

Dr. Stefan Röhrborn ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Vangard in Düsseldorf. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung und Vertretung von Geschäftsführern, Vorständen und leitenden Mitarbeitern in arbeitsrechtlichen Anliegen.

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