Wie gut sind Sie in den letzten Jahren durch die krisengeschüttelte Zeit gekommen? Haben Sie die andauernden Krisen ohne anhaltende Beeinträchtigungen gut meistern können und was haben Sie daraus gelernt? Oder haben Sie öfter das Gefühl, an manchen Stellen gestresst zu sein und das Ruder nicht mehr fest im Griff zu haben?
Momentan ist sie wohl gefragter denn je: Resilienz – die psychische Widerstandsfähigkeit, die Menschen hilft, Krisen und belastende Situationen gut zu bewältigen und sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Gerade das Topmanagement muss auf die unterschiedlichsten Herausforderungen unserer Zeit schnell reagieren, um Unternehmen wie Mitarbeiter gezielt durch stürmische Gewässer steuern zu können. Wie gut man dabei noch agieren kann, hängt davon ab, wie stark die Resilienzfaktoren bei einem ausgeprägt sind. Eine persönliche Resilienzanalyse hilft, den Status Quo zu identifizieren und wirksame Maßnahmen abzuleiten. So kann man im Vorfeld die Fähigkeiten gezielt trainieren, um in der Krise darauf zugreifen und entsprechend agieren zu können.
Warnsignale bei Stress frühzeitig erkennen
Bei erhöhtem Stress, vor allem chronischem Dauerstress, der über einen langen Zeitraum andauert, leiden Hirnareale. Bedingt durch die Veränderungen in der Hormonzusammensetzung im Körper gehen Zellen zugrunde. Unter anderem eben auch im Hippocampus (dem Arbeitsgedächtnis) und dann hat man – wie der Volksmund sagt – das berühmte Gedächtnis wie ein Sieb. Gerade Leistungsträger neigen oft dazu, entsprechende Signale, auch körperliche Symptome zu verdrängen und einfach weiterzumachen wie bisher. Gerade bei Menschen der Generation Babyboomer gibt es noch sehr stark die Grundhaltung „Zähne zusammenbeißen und durch“. Ansonsten meldet sich schnell das schlechte Gewissen. Manche wollen unbedingt weiter machen, selbst, wenn sie nicht mehr laufen können. Werden Symptome über viele Jahre ignoriert, kann es einen aus der Bahn werfen und Folgen wie Burn-out oder sogar psychische Störungen mit sich bringen, z. B. Erschöpfungsdepressionen.
Das frühzeitige Erkennen von Stresssymptomen ist ein wichtiger Hebel. Mithilfe der richtigen Werkzeuge (z.B. Checkliste, weitere Info unten) kann man rechtzeitig erkennen, wo es im Moment die größten Stressoren gibt. Gerade hochleistungsorientierte Menschen sollte diese zwischenzeitlich immer wieder prüfen, ob noch genügend Energie vorhanden ist oder womöglich etwas in den roten Bereich geraten ist. In einer Krisensituation geht es immer darum, sich aufs Wesentliche zu fokussieren. Darum sollte man bei Bedarf auch bei sich selbst Prioritäten setzen und bei zu viel Stress alles Überflüssige weglassen. Damit man auch hier immer eine Handlungsmöglichkeit.
Auf Krisen vorbereiten und Resilienz trainieren: Resilienzschlüssel und Resilienzprofil als Werkzeug
Was kann man also im Vorfeld tun, um sich schon mal gegen mögliche Krisen zu wappnen? Machen Sie sich ein Bild davon, wie es um Ihr Resilienzprofil steht und an welchen Punkten Sie noch arbeiten können. Hierzu passt das Zitat von Peter F. Drucker, dem großen Managementvordenker:
„Was du nicht messen kannst, kannst du nicht steuern.“
Mit den geeigneten Werkzeugen kann man auch Resilienz messen und damit steuern. Als Grundlage bzw. Grundhaltung dienen sogenannte Resilienzschlüssel, die für sich schon ein gutes Werkzeug sind, wenn man sie in der Tiefe durcharbeitet.
Überblick der sieben Resilienzschlüssel (nach H. Körbächer/M. Gruhl)
- Optimismus: an die Möglichkeit eines positiven Ausgangs glauben
- Akzeptanz: Unabänderliches annehmen
- Lösungsorientierung: Energie auf Lösungen richten, statt auf Probleme
- Sich selbst regulieren: eigene Verfassung (Gedanken, Gefühle, Stimmungen) und Reaktionen dem Kontext angemessen steuern
- Verantwortung übernehmen: Opferrolle verlassen, eigene Handlungsspielräume identifizieren und nutzen
- Beziehungen gestalten: Gleichwürdige Beziehungen pflegen, Unterstützung geben und annehmen
- Zukunft gestalten: An eigenen Werten orientierte Ziele setzen und verfolgen, auf das Kommende vorbereitet sein
Um sich einen guten Eindruck über das eigene Resilienzprofil zu verschaffen, hilft als weiteres Werkzeug eine Checkliste mit fünf Themenbereichen (Grundhaltungen, Handlungskompetenzen, Soziale Unterstützung, berufsbezogene und gesundheitliche Ressourcen), die ich entwickelt habe. Durch ein Ankreuzverfahren kann man anschließend anhand der Antworten pro Themenbereich unmittelbar ableiten, was schon gut ausgeprägt ist, wo man etwas noch weiter ausbauen und welche Maßnahmen man dazu ableiten kann (weitere Informationen unten).
Im Prinzip ist Resilienz im Vorfeld viel Alltagsarbeit, immer wieder jeden Tag. Die Kenntnis des eigenen Resilienzprofils hilft jedoch, bewusster damit umzugehen. Man sollte sich hier bei nicht fragen „Wo habe ich berufliche Erfolge erzielt?“, sondern: „Welche Krisen habe ich erfolgreich durchgestanden?“ Daran kann man sich zurückerinnern, um sich einerseits selbst Mut zu machen und andererseits auf bewährte Erfahrungen zur Lösung daraus zuzugreifen.
Der Punkt Akzeptanz ist hierbei ein Riesenthema. Viele Menschen kämpfen sich ab, um Dinge verändern zu wollen, die komplett außerhalb ihrer Reichweite liegen. Nur wenn man aufhört, sich an Dingen festzubeißen, bei denen man keinerlei Chance hat, kann die psychologisch wichtige innere Anpassungsreaktion an tiefgreifende Veränderungen und Einschnitte stattfinden. Manchmal muss man hinnehmen, dass ein Kapitel unwiederbringlich zu Ende ist und eventuell auch durch einen entsprechenden Trauerprozess gehen. Dabei muss man sich von etwas verabschieden – von einer Position, von einem Selbstbild, von einem geplatzten Traum oder ähnlichem. Immer und nur dann, wenn man aufhört an der falschen Stelle zu werkeln, kann man seine Energie auf die eigentlichen Stellschrauben richten. Dann kann das Thema lösungsorientiert angegangen werden und man kann sich fragen: „Wo kann ich in die Selbstverantwortung gehen, was kann ich stattdessen selbst tun?“.
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Resilienz trainieren: Mit vielen kleinen Schritten zur Selbstwirksamkeit
Manchmal sieht man vor lauter Katastrophe das Ziel hinter dem Horizont noch nicht und keiner kann einem sagen, wie es weitergeht. Dann ist es gut, wenn man in dem Moment viele kleine Schritte macht, um den Weg zu beschreiten – das berühmte Fahren auf Sicht, immer bis zur nächsten, überschaubaren Zwischenstation. Jeder kleine Schritt alleine bringt einen bereits nach vorne und erhöht das Erleben von Selbstwirksamkeit. Das ist ein ganz zentraler Punkt, psychologisch und neurobiologisch betrachtet.
Gerade bei Geschäftsführern, Bereichsleitern und auch auf Vorstandsebene ist die Flughöhe hoch, also ist auch die Fallhöhe hoch. Das Identitätsgefühl, auch im Sinne von Selbstwert, wird bei diesen Menschen oft durch ein einschneidendes Erlebnis wie zum Beispiel Jobverlust erheblich durchgeschüttelt. Das Erleben von „Ich kann in dieser Situation etwas tun.“ hilft ungemein aus dieser Schockstarre rauszukommen und wieder das Gefühl zu haben „Ich bin nicht ohnmächtig, ich kann selbst etwas bewegen.“ Das Reaktivieren der Selbstwirksamkeit ist in Krisen ein sehr wichtiger Punkt.
Dabei geht es auch um die Zukunftsgestaltung (ein Resilienzschlüssel). Hierbei kann man natürlich nicht alle Dinge vorhersehen. Wenn jemand jedoch keine Vorstellung davon hat, was ihm und im eigenen Leben wichtig ist, gibt es auch kein Ziel. Als Wassersportlerin kann ich nur sagen: „Ohne Ziel kein Kurs und ohne Kurs lasse ich mich treiben – das heißt, man ist reaktiv.“
Fazit: Resilienz trainieren ist ein dynamischer Prozess
Durch Trainieren von Resilienz kann man seine Widerstandsfähigkeit stetig verbessern. Es geht vor allem darum, Krisen nicht als unlösbare Situationen wahrzunehmen, sondern weiter handlungsfähig zu bleiben. Krisen sind Gelegenheiten, sich persönlich weiterzuentwickeln. Jede Situation ist jedoch anders und jeder Mensch ist natürlich ein Individuum. Daher kann es hochkomplex sein und Resilienz ist das Ergebnis eines Anpassungsprozesses. Im Sinne des Sprichwortes „Count your blessings!“ ist es wichtig, regelmäßig, besonders nach durchgestandenen Krisen, eine Retrospektive vorzunehmen und sich lösungsorientiert zu fragen:
- Welche herausfordernde Situation(en) haben Sie bereit erlebt?
- Wer oder was hat Ihnen geholfen, diese zu meistern?
- Welche neue Krisenkompetenz konnten Sie dabei sammeln?
Die vorgestellten Werkzeuge sind sehr hilfreich, um seine Resilienz zu trainieren, Herausforderungen erfolgreich zu meistern und unter Zugriff auf vorhandene Ressourcen oder auch neue Lernerfahrungen die Krise weitestgehend unbeschädigt zu überstehen. So können Sie auch noch in stürmischen Zeiten gezielt steuern.
Eine Checkliste für „Warnsignale bei Stress“ sowie „Resilienzprofil“ wie oben genannt, können Sie gerne per e-mail anfordern bei: Melanie Neumann, mneumann@theboardroom.de.
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