Menschen gewinnen (Teil II)

Menschen gewinnen (Teil II)

Menschen gewinnen (Teil II) 1024 683 Moritz Freiherr Knigge

Top-Führungskräfte besitzen 4 #Gewinnertalente. Sie gewinnen, weil für sie nicht zählt was ist, sondern wie es gelingt. Wie Sie Menschen gewinnen, wann Sie sie verlieren und warum das wichtig ist für Führende, lesen Sie in meiner Blogreihe für The Boardroom. Teil 2 widmet sich dem Gewinnertalent „Beherrschen“. Wer Menschen gewinnen will, sollte sich und andere nicht aus der Ruhe bringen. Menschen gewinnt, wer seine Emotionen im Griff hat. Menschen gewinnt, wer sich und andere nicht verrückt macht.

Erwachsen entscheiden

Als Coca Cola 1985 New Coke präsentierte, war das neue Rezept für das erfolgreichste Erfrischungsgetränk der Welt schon an mehr als 200.000 Probanden getestet. Diese mochten den neuen Geschmack – lieber als Pepsi. Doch im Supermarkt war der emotionale Widerstand überwältigend: „Wir wollen unsere Coke zurück!“ schrie das Bauchgefühl millionenfach.

Erfolgreiche Unternehmen haben Ihre Emotionen im Griff, um anderen ein gutes Gefühl zu geben.

Und so nahm Coca Cola – besserer Geschmack hin oder her – New Coke nach wenigen Wochen wieder vom Markt. Was nach dem größten Flop aller Zeiten aussah, ging als eine der erwachsensten Managemententscheidungen in die Wirtschaftsgeschichte ein.

Menschen gewinnen (Teil I)

Gewinnertalent Nr. 1: #interessieren

Gelassen führen

Vor kurzem kam ein polnischer Kinderpsychologe nach einem Vortrag mit einer schönen Erkenntnis um die Ecke: „Erwachsene sagen seltener trotzdem, als Kinder.“ Topmanager wissen: Gelassenheit ist keine Zier, denn sie führt in jeder Situation weiter. Und ihr Gegenüber spürt: ein großer Mensch ist schwer zu bewegen.

Senior Executives haben ein gutes Gespür für Menschen und Situationen ohne gefühlsduselig zu sein. Wer andere begeistern will, der muss sich selbst im Griff haben.

Beherrscht zupacken

Top-Führungskräfte packen ihr Ego am Kragen, wenn sie andere mitreißen wollen. Sie halten Irren für menschlich, atmen dreimal tief durch, schauen gelassen nach vorne und ohne Groll zurück. Und sollte es doch mal eskalieren und jemand gerät außer Kontrolle, heißt es, sein Bestes zu geben, damit dieser wieder zur Ruhe kommt.

Wer seine Emotionen beherrscht, macht sich und andere nicht zum Affen.

Sensibel, nicht empfindlich

„Wer seine Emotionen nicht kontrollieren kann, fängt an, das Verhalten anderer zu kontrollieren,“ sagte schon der britische Komiker John Cleese. Senior Executives verstehen das. Sie sind sensibel, aber nicht empfindlich. Sie wissen, dass Empfindlichkeiten Spontanität, Kreativität und Innovation schon im Keim ersticken.

Der Umgang mit empfindlichen Persönlichkeiten ist häufig ein Ritt auf Messers Schneide, denn man weiß nie, was sie als Nächstes verärgern wird. Disruptive Wüteriche können manchmal sogar konstruktiv wirken, da sie Strukturen zerstören, deren Sinn vergessen wurde. Mit beleidigten Leberwürsten ist der Handlungsspielraum arg begrenzt.

Kühler Kopf, freies Herz

Erfolgreiche Menschen wissen um die Macht von Emotionen. Sie haben ein gutes Gespür dafür, wie diszipliniert sie selbst sein müssen, um Menschen für sich zu gewinnen. Sie zielen mit ihrem Kopf auf die Herzen anderer – so präzise wie Loriot auf das Zwerch- oder die Rolling Stones auf das Trommelfell. Top-Führungskräfte hören auf ihren Bauch und folgen ihrem Verstand.

Spieglein, Spieglein an der Wand

Woher wissen wir eigentlich, wie es um unsere Selbstbeherrschung steht? Besonders Führungskräfte auf den oberen Sprossen der Karriereleiter stehen oft vor der Herausforderung, ehrliches und direktes Feedback zu ihrem Verhalten zu bekommen. In Hierarchien werden die Spiegel seltener. Widerspruch wird zum Luxusgut. Das Risiko ist einfach zu groß. Was, wenn mein offenes Wort nicht geschätzt, sondern sanktioniert wird?

Und ich kann Ihnen sagen, Herr Knigge, es ist ganz schön heilsam, plötzlich alleine im Raum zu sitzen!

Hut ab vor jedem Topmanager der so offen ist wie der, den ich kürzlich persönlich sprach: Sein Experiment war es, seine Mitarbeiter zu ermutigen bewusst den Raum zu verlassen, falls er wieder einmal cholerisch werden sollte. Seine Führungscrew bewies Mut und ließ ihn bei nächster Gelegenheit einfach stehen.

Ego-Workout gegen heftige Leidenschaften

Wer einmal den Mut der Gruppe verschlissen hat, oder grad keinen Spiegel zur Hand hat, in den er blicken kann, muss seinen Emotionen allein auf die Spur kommen. Was ich empfehlen kann? Ein kleines Ego-Workout gegen Gefühlsausbrüche: Bist Du verrückt, machst Du alle anderen verrückt. Bist Du außer Dir, kannst Du nicht beim anderen sein. Achte auf Deinen Atem. Er ist der Schlüssel zu Deiner fragenden Haltung. Deine Fluchttür zurück zu Dir selbst.

Ist der andere verrückt, sieh in seine Augen. Und Du wirst sehen: So sehe ich also auch aus, wenn ich außer mir bin.

Das Lob der Kaltblütigkeit

„Du hast bei der besten Sache schon halb verloren, wenn Du nicht kaltblütig bleibst,“ wusste schon Adolph Freiherr Knigge, wie er es in seinem berühmten Buch „Über den Umgang mit Menschen“ schrieb. Die Kaltblütigkeit hat ihren guten Ruf verloren – Schade eigentlich, denn ich bin der Meinung, diesen Begriff wieder seinem Ursprung nach zu verstehen, täte uns allen gut. Kaltblütigkeit ist nicht die Kunst, emotional erstarrt zu sein – Kaltblütigkeit ist ein Gewinnertalent. Denn wer andere führen will, beherrsche zuerst sich selbst.

[Bildnachweis: © GettyImages/Westend61 – Chris Adams]

Moritz Freiherr Knigge

Geboren mit einem Namen, der so bekannt ist wie Persil, wuchs der Unternehmer in Bredenbeck auf. Schon als Student der Betriebswirtschaftslehre stieß Moritz Freiherr Knigge auf eine einfache Logik: Gewinner gewinnen Menschen. Seit mehr als 20 Jahren sprach Moritz Freiherr Knigge in Wirtschaft und Gesellschaft über das Nützliche im Richtigen. Unser Gastautor ist am 5. März 2021 verstorben.

Alle Beiträge von:Moritz Freiherr Knigge