Machtspiele auf der Chefetage (Teil II)

Machtspiele auf der Chefetage (Teil II)

Machtspiele auf der Chefetage (Teil II) 1024 666 Ulrich Dehner

Psychologische Machtspiele sind in den Führungsetagen allgegenwärtig. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um unbewusst gespielte oder absichtlich inszenierte Manipulationsversuche handelt. Die Strategien, um sich gegen diese Spiele zur Wehr zu setzen, sind in beiden Fällen gleich.

Wer unvorbereitet ist, fühlt sich zunächst meist hilflos ausgeliefert. Doch wenn man verstanden hat, welche Mechanismen in einem Spiel wirken, hat man gute Chancen, ein Spiel gar nicht erst entstehen zu lassen, beziehungsweise es zu beenden, bevor größerer Schaden entstanden ist. Denn Spiele enden, wenn man sie nicht unterbindet, immer mit einem Schaden. Die Spanne reicht von leichter Verärgerung, bis zu „Wir sehen uns vor Gericht“ und auch Handgreiflichkeiten sind nicht ausgeschlossen, selbst wenn es dazu in Büros zum Glück sehr selten kommen dürfte.

Die Spielregeln für das Machtspiel im Büro

Im letzten Beitrag habe Ich bereits das „Drama-Dreieck“ mit seinen drei Rollen vorgestellt: nämlich Opfer, Retter und Verfolger. Hier nochmal die „Spiel-Formel“ aus der Transaktionsanalyse, die kurz und griffig auf den Punkt bringt, nach welcher Dramaturgie Spiele immer ablaufen:

  • Jedes Spiel beginnt mit einem „Köder“
  • Dieser Köder trifft auf den „wunden Punkt“ des Ansprechpartners
  • Die Spielpartner nehmen ihre Rollen im Drama-Dreieck ein
  • Darauf folgen die eigentlichen Spielzüge, das heißt, eine mehr oder weniger lange Reihe von „verdeckten Transaktionen“
  • Es kommt schließlich zu einem überraschenden Ende, weil einer, oder beide Partner ihre Rolle im Drama-Dreieck wechseln
  • Zum Schluss gibt es die Auszahlung des „Spiel-Gewinns“ in Form negativer Gefühle.

Köder und wunder Punkt – der Ausgang eines jeden Machtspiels

Dem „Köder“ kann der Angesprochene nicht widerstehen. Er kann in Form einer Anschuldigung kommen, eine Unterstellung, manchmal auch nur ein bestimmter Tonfall oder ein Gesichtsausdruck. Alles, von dem man das Gefühl hat, es zwingt einen geradezu zu einer Verteidigungshaltung oder einem „Gegenschlag“, dient als Köder. Selbst der abstruseste Vorwurf kann seine Wirkung entfalten, wenn er einen „wunden Punkt“ trifft.

Der „wunde Punkt“ ist eine Stelle, an der man aus persönlichen Gründen empfindlich reagiert, weil man so einfach nicht gesehen werden will, und „nicht aus seiner Haut kann“. Auch wenn man zum Beispiel das Gebot verinnerlicht hat, immer hilfsbereit sein zu müssen, fällt man auf den Köder einer vermeintlichen Hilflosigkeit herein.

Ein potentielles Spiel mit verdeckten Botschaften

Polarisieren als Mittel zur Aufmerksamkeit

Wie weit dürfen Topmanager gehen?

Psychologische Spiele gehen meist damit einher, dass etwas Wesentliches ausgeblendet wird, entweder bei sich selbst, beim anderen oder bei der Situation. Deshalb ist es eine gute Strategie, das, was ausgeblendet wurde, wieder einzublenden. Das ist zwar manchmal gar nicht so einfach, weil Menschen gern darauf beharren, dass ihre Sicht der Realität die einzig Wahre ist. Doch wenn Sie Ihrerseits Beharrlichkeit entwickeln, sollte es klappen.

Wenn ein solcher Appell ein Köder für den Angesprochenen ist, wird er die ihm angebotene Rolle als Retter annehmen, und schon ist er im Spiel. Aber vielleicht reißt ihm irgendwann doch der Geduldsfaden und er bemerkt bissig: „Die Kollegin Maier hat das schon längst drauf!“ Was auf der verdeckten Ebene heißt: „Sie sind wirklich nicht sehr helle!“ Damit ist er von der Retter- zur Verfolgerrolle übergegangen. Das „Opfer“ wechselt daraufhin vielleicht ebenfalls die Rolle und antwortet genauso bissig: „Die wurde auch ordentlich instruiert!“ Was auf der verdeckten Ebene so viel sagen will wie: „Wenn Sie nicht zu blöd wären, mir das richtig zu erklären, könnte ich es auch schon lange!“

Bei Transaktionen auf der verdeckten Ebene machen Tonfall, Mimik oder Körpersprache meistens ziemlich klar, worum es eigentlich geht. Doch im Bedarfsfall kann sich derjenige, der verdeckt kommuniziert, immer auf das offen Gesagte zurückziehen. Das macht den Umgang mit verdeckten Kommunikationen so unangenehm, solange man nicht durchschaut hat, welcher Mechanismus dahintersteckt. Wenn es hart auf hart kommt, macht sich der Andere unangreifbar und man selbst rastet aus. Hinterher klingt das dann eventuell so: „Ich habe doch nur eine kleine Bemerkung gemacht und schon springt er mir an die Gurgel!“

Wenn beide Partner ihre Rollen im Spiel gewechselt haben, kommt es zu einem abrupten Ende, und beide nehmen die negativen Gefühle, Verärgerung, Enttäuschung, Wut des jeweils anderen, als Spielgewinn mit nach Hause.

Wie Sie nicht in die Falle tappen – verschiedene Wege und Ansätze

Sie merken nach dem Gesagten schon: Die Fähigkeit, Psychologische Spiel zu erkennen, ist ein ganz wesentlicher Schritt, um mit ihnen umzugehen. Wenn Sie klar sehen, was sich abspielt, haben Sie schon halb gewonnen, denn sie tappen nicht mehr unbewusst in die Falle.

Erster Weg: Fangen Sie bei sich selbst an und überprüfen Sie ganz ehrlich: Was sind meine wunden Punkte? Mit welchen Anschuldigungen, Unterstellungen oder Verhaltensweisen kann man mich ködern? Wenn Sie sich darüber einmal Klarheit verschafft haben, wird es nicht mehr so einfach sein, Sie damit einzufangen. Wenn Sie wissen, dass der Vorwurf, kein guter Chef zu sein, Sie sofort in eine Verteidigungshaltung bringt, können Sie, wenn das nächste Mal so etwas anklingt, sich einfach sagen: „Oh, da wird mir ein Köder hingelegt. Will ich den wirklich schlucken? Oder will ich mal ganz souverän sagen ‚Okay, Nobody is perfect, um was genau geht es Ihnen?‘“

Zweiter Weg: machen Sie sich in Gesprächen, bei denen Sie ein ungutes Gefühl beschleicht bewusst: „Welche Rolle im Drama-Dreieck spielt der Andere? Und welche Rolle wird mir hier gerade angeboten? Will ich diese Rolle einnehmen oder habe ich eine andere Möglichkeit?“ Denn die haben Sie! Sie können die Ihnen zugedachte Rolle ablehnen. Freundlich, aber ohne zu wanken.

Dritter Weg: Auch, wenn es um die verdeckten Transaktionen geht, haben Sie mehrere Optionen, wie Sie damit umgehen können. Welche Sie wählen, ist sicherlich auch situationsabhängig. Sie können die verdeckte Ebene zum Beispiel schlicht und einfach ignorieren und ganz gelassen auf die offene Ebene regieren. Dann muss der Andere entweder ebenfalls auf die offenen Ebene wechseln, oder er muss von sich aus die verdeckte Ebene offen legen und sagen, worum es ihm geht. Das mag ein Vorwurf sein. Aber dann ist die Sache klar und es wissen beide, worüber sie sprechen.

Vierter Weg: Sie können der verdeckten Ebene alternativ auch mit Witz begegnen. So machte es eine Praktikantin, die zu spät zur Arbeit erschien. Ihr Chef stand zufällig am Eingang, als sie die Firma betrat und bemerkte ironisch: „Da sind wir aber sehr spät dran heute“, woraufhin sie ihn anstrahlte und meinte: „Ja, da werden wir beide uns wohl bessern müssen“. Sie hatte Glück, dass er lachen musste. Wenn man über die Gabe des Humors verfügt und die Situation es zulässt, kann man ein Spiel verhindern, indem man die verdeckte Ebene ignoriert und mit Witz auf die offene Ebene reagiert.

Das funktioniert natürlich nicht immer. Manchmal ist es besser, die verdeckte Ebene offen zu legen und zu fragen: „Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, dass ich einen Fehler gemacht habe?“, oder etwas Ähnliches. Dann muss der Gesprächspartner entweder seine Karten auf den Tisch legen oder einen Rückzieher machen.
Wie Sie auf ein Machtspiel reagieren sollten, ist immer der Situation angepasst und hängt auch davon ab, welche Trümpfe Sie selbst in der Hinterhand haben. Wenn Sie sich als der gewieftere Spieler erweisen, verzichtet Ihr Gegner in Zukunft vielleicht auf Provokationen, die auf ihn selbst zurückfallen könnten. Doch solch ein Vorgehen ist heikel, es sollte nur im Notfall angewandt werden.

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Betrachten Sie die Situation in einem Spiel ganzheitlich

Machtspiele auf der Chefetage (Teil I)

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Psychologische Spiele gehen meist damit einher, dass etwas Wesentliches ausgeblendet wird, entweder bei sich selbst, beim anderen oder bei der Situation. Deshalb ist es eine gute Strategie, das, was ausgeblendet wurde, wieder einzublenden. Das ist zwar manchmal gar nicht so einfach, weil Menschen gern darauf beharren, dass ihre Sicht der Realität die einzig Wahre ist. Doch wenn Sie Ihrerseits Beharrlichkeit entwickeln, sollte es klappen.

Wenn jemand zum Beispiel gern Opfer spielt, so blendet er aus, dass er durchaus fähig ist, das Problem, mit dem er zu Ihnen kommt, selbst zu lösen. Wenn Sie ihm zu verstehen geben, dass Sie seinen Fähigkeiten vertrauen, wird er möglicherweise erst einmal noch bedauernswerter jammern. Dann können Sie zum Beispiel fragen: „Wie haben Sie es denn das letzte Mal gemacht?“ Oder auch: „Wenn Sie raten müssten, was würden Sie denn sagen, wie Sie es hinkriegen?“ Damit blenden Sie seine Fähigkeiten wieder ein und das verhindert nicht nur für den Moment ein Spiel. Es sorgt im besten Fall auch dafür, dass der Mitarbeiter mehr Selbstvertrauen entwickelt und in Zukunft überhaupt keine Opferspiele mehr nötig hat.

Die oben angedeuteten Szenarien und Wege deuten nur im Ansatz an, wie Machtspiele funktionieren und wie Sie damit umgehen können. Denn Machtspiele an sich sind extrem komplexe Konstrukte, die oft eine Betrachtung im Einzelfall nötig machen. Daher kann die Thematik in zwei Artikeln sicher nicht erschöpfend behandelt werden. Mehr darüber psychologische Machtspiele erfahren Sie daher bei Interesse in „Schluss mit diesen Spielchen“ von Ulrich und Renate Dehner.

[Bildnachweis: © shutterstock.com / Peter Bernik]

Ulrich Dehner

Ulrich Dehner ist Diplom-Psychologe und Geschäftsführer der Dehner Academy. Er ist seit über dreißig Jahren als Trainer und Coach aktiv und Gründungs- und Vorstands-Mitglied des DBVC (Deutscher Bundesverband für Coaching).

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