Der Fachkräftemangel scheint längst auch die Führungsebene erreicht zu haben. Viele Ursachen für die derzeit beobachtbare Mangelsituation, wie etwa der demografische Wandel oder Schwächen im Bildungssystem, sind struktureller Natur. Daher ist es nur einleuchtend, dass alle Branchen und Bereiche gleichermaßen davon betroffen sind.
Wenngleich sich auch im Topmanagement eine Verschärfung der Situation wahrnehmen lässt, lohnt sich hier jedoch ein genauerer Blick auf die Gründe und Zusammenhänge. Denn schließlich handelt es sich um ein Berufsfeld, in dem beispielsweise vielen den Schritt in den Ruhestand schwerfällt und sie entsprechend möglichst lange im Berufsleben bleiben wollen. Vielmehr muss demnach gefragt werden: Woran liegt es, dass derzeit so viele Stellen unbesetzt bleiben?
Auch im Topmanagement ist der Fachkräftemangel zu spüren. Die Gründe, warum Stellen unbesetzt bleiben, sollten aber genau analysiert werden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Die Gründe für den Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel im Topmanagement insgesamt verschärft sich aktuell, weil sich – verkürzt gesagt – mehrere Entwicklungen auf unterschiedlichen Ebenen gegenseitig verstärken. Allen voran ist hier das zunehmende Ausscheiden vieler älteren Menschen aus dem Arbeitsmarkt zu nennen. Demgegenüber steht die rückläufigen Tendenzen auf der Nachwuchsseite. Auch gestiegene und sich verändernde Anforderungen und weitere Änderungen in der Arbeitswelt tragen einen wesentlichen Teil zur Gesamtsituation bei.
Ein Mangel an Fachkräften insgesamt wirkt sich automatisch auch negativ auf die Besetzungsmöglichkeiten auf der Führungsebene aus. Denn die fachliche Expertise im Topmanagement gewinnt seit einigen Jahren an Bedeutung. Seit nunmehr vielen Jahren ist darüber hinaus zu beobachten, dass junge Talente in immer kürzeren Abständen den Arbeitgeber wechseln. Anstatt sich intern über viele Jahre weiterzuentwickeln und die Karriereleiter hochzusteigen, ist die Mosaikkarriere heute weit verbreitet.
Veraltete Recruiting-Prozesse tragen zum Fachkräftemangel bei
In diesem Zusammenhang muss auch ein kritischer Blick auf Recruiting- und Onboarding-Prozesse gerichtet werden. Wenn Unternehmen hier Fehler machen, kann dies zum Fachkräftemangel auf der Führungsebene beitragen. Es fängt bei der Auswahl der richtigen Kriterien für Kandidaten an, geht über das Bespielen der relevanten Recruiting-Kanäle und endet bei geeigneten und zielgerichteten Auswahl- und Besetzungsverfahren. Mismatching und wiederholte Ausschreibungen sind nicht nur zeit- und kostenintensiv, sondern führen auch zu einer entsprechenden Außenwahrnehmung.
Echter Mangel oder Mentalitätswandel in unsicheren Zeiten?
Im Moment stellt sich die Situation einerseits so dar, dass es viele offene Positionen gibt. Andererseits wird dieses Bild aber erst dann vollständig, wenn ebenfalls in Rechnung gestellt wird, dass potenzielle Kandidaten sich in unsicheren Zeiten scheuen, aus dem aktuellen Unternehmen zu wechseln. Und selbst wenn sie sich häufig auf einen Auswahlprozess einlassen und im Zweifel auch bis in die letzte Runde gehen, sagen dann doch viele ab.
Häufig ist die Teilnahme an diesen Verfahren durch Personalberater initiiert, sodass die Motivation wirklich zu wechseln nicht immer in aller Konsequenz gegeben ist. Zudem werden Stellenangebote momentan nicht selten aus einer allgemeinen, temporären Unsicherheit heraus und nicht aus sachlichen Gründen abgelehnt. Insofern ist abzuwarten, ob sich die Situation am Arbeitsmarkt wieder entspannt, wenn sich Makrolage verbessert.
Das exakte Verständnis der Gründe für den Fachkräftemangel im Topmanagement ist entscheidend
Von hier aus wird deutlich, warum ein genauer Blick auf die Gründe und Ursachen für den Fachkräftemangel im Topmanagement entscheidend ist. Fehlt es schlicht zahlenmäßig an Kandidaten, folgt daraus, dass der Wettbewerb zwischen den Unternehmen größer wird. Sind wiederum die Recruiting-Prozesse selbst nicht mehr dazu geeignet, passende Kandidaten zu finden, müssen diese auf den Prüfstand und der aktuellen Marktsituation angepasst werden. Wieder anders sieht es aus, wenn es aus rein gefühlten Unsicherheitsgründen nicht möglich ist einzuschätzen, wie die Lage im neuen Unternehmen im Rahmen der aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Lage ist.
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Fazit: Was hilft gegen den Fachkräftemangel im Topmanagement?
Letzteres scheint zumindest in der jüngsten Zeit ein wichtiger Faktor zu sein. Denn während auf der einen Seite immer häufiger von Agilität und Flexibilität die Rede ist, sehen wir auf der anderen Seite, dass sich Führungskräfte seltener aus bestehenden Arbeitsverhältnissen heraus bewerben. Im Zweifel verliefen diese schon länger erfolgreich, sodass eine sechsmonatige Probezeit wiederum Unsicherheit bedeutet und viele Kandidaten abschrecken dürfte.
Für Unternehmen ist es demnach wichtiger denn je, die Situation am Arbeitsmarkt genau zu verstehen und die Entwicklungen fortlaufend zu beobachten. Für Topmanager auf Jobsuche oder Führungskräfte, die sich neu orientieren wollen, stellt die derzeitige Lage wiederum eine Chance dar, sich gezielt auf Bewerbungs- und Auswahlverfahren vorzubereiten oder sich neu am Markt zu positionieren.
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