Entscheidungen im Topmanagement – die Rollen von Werten und politischen Einstellungen

Entscheidungen im Topmanagement – die Rollen von Werten und politischen Einstellungen

Entscheidungen im Topmanagement – die Rollen von Werten und politischen Einstellungen 1024 408 Claus Verfürth

Menschliches Handeln und Denken ist geprägt von der Persönlichkeit, Überzeugungen und Werten. Wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, können entsprechend auch politische Einstellungen und Ethik eine ausschlaggebende Rolle spielen. Aber trifft das auch dann zu, wenn es um Entscheidungen im unternehmerischen Kontext geht? Oder wird dort ausschließlich aus ökonomischer Sicht bestimmt?

Da Vorstände, Geschäftsführer und Senior Executives das Unternehmen nach außen repräsentieren, begegnet man häufiger Fragestellungen wie diesen. Dürfen Topmanager ihre persönlichen Erwägungen und politischen Überzeugungen artikulieren? Sollten sie es angesichts der medialen Aufmerksamkeit gar in Erwägung ziehen, ihre Position dazu zu nutzen, ihre persönlichen Wertevorstellungen zu kommunizieren?

Das Zeitalter nach Politikverdrossenheit und politischer Korrektheit

Dass überhaupt die Frage nach politischen Einstellungen und Werten von Führungskräften gestellt wird, ist keine Selbstverständlichkeit und ein vergleichsweises junges Phänomen. Der Zeitgeist war lange eher von Politikverdrossenheit geprägt. Politische Überzeugungen galten als reine Privatsache. Heute lässt sich jedoch verstärkt eine Rückkehr des Politischen in allen Bereichen beobachten.

Gleichzeitig ändert sich die Wahrnehmung der Persönlichkeiten im Topmanagement von Unternehmen. Sie und ihre Entscheidungen sind sichtbarer und bekommen mehr mediale Aufmerksamkeit. Aussagen sollen stärker polarisieren, damit eigene Standpunkte deutlicher hervorgehoben werden.

Stark polarisierende, politische Aussagen sind eine Gratwanderung für Führungskräfte.

Dafür steigt das Risiko, mit der Äußerung von politischen Statements angreifbar zu sein und im schlimmsten Fall den Ruf des eigenen Unternehmens zu beschädigen.

Compliance – Werte, Einstellung und rechtliche Dimension

Nicht außer Acht zu lassen ist bei den Erwägungen zum Themenkomplex rund um Werte und politische Einstellungen im Topmanagement die rechtliche Dimension bzw. die „hausinternen Regeln“. Wenn es um Führungsverhalten geht, stellt Compliance einen zentralen Bewertungsmaßstab dar. Insbesondere wenn es um die Etablierung einer Compliance-Kultur geht, wiegt jedes Wort von Executives – vor allem dann, wenn Äußerungen ethische Implikationen haben. Integrität und Wirtschaftsethik haben in diesem Zusammenhang oberste Priorität.

Zur Trennung von Person und Position

Diese Erwägungen machen deutlich, dass im Kern der Frage nach Äußerungen von Werten und politischen Einstellungen die Trennung von Person und Position steht.

Polarisieren als Mittel zur Aufmerksamkeit

Wie weit dürfen Topmanager gehen?

Öffentliche Aussagen zu den eigenen politischen Überzeugungen sind an sich unproblematisch, so lange zwei Bedingungen gelten:

  • Die politischen Einstellungen kollidieren nicht mit den Verpflichtungen und der Verantwortung, die die Position mit sich bringt.
  • Die Äußerungen strahlen nicht negativ auf das Unternehmen aus.

Je extremer die eigene politische Positionierung jedoch ist, desto kontroverser wird auch die Reaktion auf derlei Meinungen sein. Für Manager ist es darum wichtig, im Blick zu behalten, dass die persönlichen politischen Äußerungen dem Unternehmen keinen Schaden zufügen, für das er tätig ist.

Topmanager als Teil der Unternehmenskultur

Die Darstellung des eigenen Standpunktes zu persönlichen Werten oder denen des Unternehmens ist aus meiner Sicht aber auch eine Chance. Denn gerade, weil Führungskräfte ein wichtiger und für viele Außenstehende interessanter Teil der Außendarstellung sind, können sie eine wichtige Funktion bei der Unternehmenskommunikation übernehmen.

Denn letztlich bietet sich dadurch die Möglichkeit, sehr differenziert und im positivsten Sinne über die Werte und die Kultur im Unternehmen zu sprechen. Das gelingt jedoch nur, wenn diese Aussagen authentisch sind. Werte müssen also tatsächlich gelebt werden und nicht nur plakative Werbesprüche aus Broschüren sein.

Werte des Unternehmens im Kampf um Talente

Werte und politische Einstellungen spielen im Rahmen des Diskurses um den sogenannten „War for Talents“ eine wichtige Rolle. Die zugrundeliegende These lautet hier: Die zukünftigen Generationen erwarten von ihren Arbeitgebern, dass sie ein Arbeitsumfeld bieten, das zu ihrem eigenen Wertekanon passt. Sich mit Werten auseinanderzusetzen und sich darüber auszutauschen, ist aus dieser Sicht ein wichtiges Instrument als Reaktion auf den zunehmend verschärften Fachkräftemangel.

Führungskräfte können eine wichtige Funktion bei der Unternehmenskommunikation übernehmen.

Für Unternehmen ist es darum heute immer wichtiger, ihre Werte, die gelebte Unternehmenskultur sowie die persönlichen ethischen und politischen Haltungen nach außen zu kommunizieren. Führungskräfte befinden sich in einer geradezu idealen Position, dies in einer wirkungsvollen Weise zu tun.

Topmanager erfüllen keine politische Funktion

Führungskräfte sind für ein Unternehmen keine politisch aktiven Vertreter. Ein Manager erfüllt also weder eine politische Funktion, noch stellt er mit seinen Aussagen nur sich selbst als Person dar. In erster Linie ist er dazu eingestellt, um die Interessen des Unternehmens zu vertreten und den Unternehmenszweck zu erfüllen. Alles, was für diese zentrale Aufgabe kontraproduktiv wirken kann, sollte unterlassen werden.

Unabhängig davon ist das öffentliche Einstehen für allgemein anerkannte politische Richtungen wie beispielsweise die Grundrechte oder das demokratische Verständnis durchaus wünschenswert. Je nach Bedeutung des Managers und des Unternehmens kann dies ein besonders wichtiges Element der Meinungsbildung und Grenzsetzung sein.

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Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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