Eins ist klar: Die Rolle und Bedeutung des Chief Financial Officers (CFOs) hat sich innerhalb des letzten Jahres rasant verändert. Neben Controlling, Accounting und Treasury kämpfen die Finanzchefs mittlerweile an vielen Fronten. Laut Horváth Studie beurteilen CFOs für die kommenden drei Jahre den Fachkräftemangel (85 %) als besonders großes Risiko. Danach folgen anhaltende (Energie-) Versorgungsprobleme und die daraus resultierenden Kostensteigerungen (74 %), allgemeine Lieferkettenstörungen (72 %), sukzessiv steigende Gehälter (70 %) sowie grundlegende Veränderung der globalen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (68 %).
Die Rolle des CFOs im Wandel
Die verschiedenen Krisen und daraus resultierenden Risiken setzen Unternehmen wirtschaftlich enorm unter Druck. Dass gerade der Fachkräftemangel ganz oben steht, zeigt, dass sich die Lage zuspitzt und dies kein temporäres Problem ist. Der „War of talents“ findet auch im Finanzbereich statt. Gerade Controller und Management Accountants sind überall stark gefragt. Auf Grund der zunehmenden Digitalisierung werden künftig auch Spezialisten in neuen Finanz-Berufsbildern gesucht. Zudem kommen noch weitere wichtige Themen wie Nachhaltigkeit (Environmental Social Governance, ESG), neue Arbeitszeitmodelle, oder Cybersecurity hinzu.
Zur „neuen Normalität“ der Finanzverantwortlichen gehört, dass sie immer kurzfristiger auf die Rahmenbedingungen reagieren und Maßnahmen priorisieren müssen. Nur so können sie ihr Unternehmen in dieser Zeit auf Kurs halten. Ist der CFO also mittlerweile eher zum Krisenmanager geworden? Die Antwort ist: Nein. Denn reaktives Krisenmanagement allein hilft nicht, die anstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu lösen. Der Blick sollte noch auf andere Dinge gerichtet werden.
Die neue Rolle des CFOs: Ist er sich dessen bewusst?
Um die Vielzahl an Risiken beherrschen und sich schnell auf veränderte Marktgegebenheiten einstellen zu können, müssen Unternehmen proaktiv Entwicklungen vorantreiben. CFOs spielen dabei eine größere Rolle als sie vielleicht denken.
Laut Anaplan Studie „haben die Chief Financial Officers von heute das Potenzial, als Architekten des Wandels in ihrem Unternehmen zu fungieren und ihren Fokus neu auszurichten, um ihr Unternehmen zum künftigen Erfolg zu führen. Sie wissen es vielleicht nur noch nicht. CFOs gehören zu den am strategisch denkendsten, flexibelsten und taktischsten Führungspersönlichkeiten in der gesamten C-Suite. Von den Problemlösungsfähigkeiten bis hin zum Verständnis der betrieblichen Realitäten schätzen die Kollegen ihre Verantwortung und Stärken in allen Bereichen des Unternehmens.“
Mehr als 700 Finanzentscheider und Führungspersonen anderer Abteilungen aus Deutschland, den USA, dem Vereinigten Königreich, Australien, Frankreich, Japan und Singapur wurden zu den begehrten Eigenschaften des CFOs befragt. Hierbei zeigte sich, dass die Kollegen ihrem CFO mehr zutrauen als er sich selbst. Bei der Wahrnehmung seiner Führungsqualitäten scheint der CFO sich demnach zu unterschätzen.
Wenn Finanzvorstände wichtige Erkenntnisse aus anderen Bereichen gewinnen – beispielsweise dem Supply-Chain-Management, der Personalabteilung, der IT, aber auch aus dem Vertrieb und Marketing – werden Sie sowohl die Risiken als auch die Chancen für Ihr Unternehmen vollständig verstehen. Verfügen sie zudem über die richtigen Technologien und automatisierten Tools, wären sie sogar in der Lage, Real Time Reportings mit verbesserter Vorhersagegenauigkeit zu erstellen und verschiedene Szenarien zu entwerfen. So könnten ganzheitliche, dynamische und zukunftsweisende Strategien entwickelt und passende Maßnahmen abgeleitet werden.
So könnte der CFOs eine entscheidende Rolle bei der digitalen Transformation spielen und weitere Wachstumspotentiale erschließen. Ihm muss jedoch nicht nur das Potential bewusst sein, sondern auch, dass es dabei auf funktionsübergreifende Zusammenarbeit und klare Kommunikation ankommt. Als Bindeglied zu anderen Geschäftsbereichen kann er seine eigene Rolle stärken und auch Transformationen durch Unterstützung der Teams vorantreiben.
Financial Leadership der Zukunft: Aktive Verantwortung für die Unternehmensstrategie und Transformation
Welche Rolle sollten CFOs also übernehmen, um für die Zukunft gut positioniert zu sein? Laut Horváth Studie identifizierten sich die meisten noch vor einiger Zeit eher passiv in der Rolle als „Co-Creator and Innovator of New Ideas“. Inzwischen scheint jedoch ein Umdenken stattzufinden. Sehr viele gaben an, aktiv als „Driver of Change“ zu fungieren, um die Transformationsprozesse umzusetzen. Daneben bezeichnen sich viele auch als „Visionary and Strategic Designer“ sowie „Sponsor of Ideas and Projects“.
Die Finanzexperten verstärken somit die Wichtigkeit ihrer Funktion und übernehmen Mitverantwortung für die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Dies spiegelt sich auch auf ihrer Maßnahmen-Agenda wider. Der permanente Krisenmodus erfordert wichtige Projekte, um künftig gut aufgestellt zu sein. Und so konzentrieren sie sich künftig vor allem auf:
- Harmonisierung, Standardisierung und Optimierung von Prozessen (64 %)
- Daten-Integrationsprojekte und der Aufbau von integrierten Datenplattformen (62 %)
- Optimierung des Steuerungsansatzes beziehungsweise des Performance Managements (62 %).
Ist diese neue Sichtweise nun bloß aus der Notwendigkeit zum Handeln entstanden, ist sie bereits Wirklichkeit oder noch eine Vision? Sind die CFOs auf diesen Wandel überhaupt schon vorbereitet – und auch die Unternehmen? In der Mehrheit sind CFOs sich wohl einig, dass es in den nächsten Jahren neue, zusätzliche Aufgaben von strategischer Bedeutung geben wird. Doch noch zu viele Unternehmen stehen erst am Anfang der digitalen Transformation des Finanzbereichs. Von datengestützten Handlungsempfehlungen oder Automatisierung von Prozessen ganz zu schweigen.
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Fazit: Veränderungen gelingen nur, wenn alle in einem Boot sitzen – und sich über die neue Rolle des CFOs einig sind
Der CFO hat in Krisenzeiten zunehmend an Bedeutung für das gesamte Unternehmen gewonnen. Infolgedessen verändert sich langsam auch die Wahrnehmung seiner Rolle. Natürlich bleiben die Themen Rechnungswesen, Controlling, Treasury und Steuern grundlegend wichtig. Doch auf Grund anhaltender Unwägbarkeiten, zunehmender Digitalisierung und kulturellen Wandel und Wertvorstellungen – u.a. durch neue Generationen – kommt eine Vielzahl an Themen hinzu. Der Finanzexperte muss Schwerpunkte priorisieren, ist aber gleichzeitig auch in einer einzigartigen Position. Durch Vernetzung verschiedener Bereiche hat er die Chance, immer mehr die Rolle als aktiver Gestalter und strategischer Partner im Unternehmen zu übernehmen.
Er muss sich seiner Potentiale bewusst und auch dafür bereit sein, um die notwendigen Veränderungen im Unternehmen vorantreiben zu können. So ist es nicht verwunderlich, wenn er auch ein wertvoller Sparringspartner des Chief Executive Officers (CEO) ist oder gar selbst zum CEO wird.
Es können auch andere Faktoren hinzukommen. Denn CEOs und Aufsichtsräte müssen eine strategische Rolle des CFOs zulassen. Auch die verschiedenen Bereiche müssen der neuen Rolle vertrauen. In manchen Unternehmen muss dazu erst ein Wandel stattfinden, um festgefahrene Strukturen aufzubrechen. Indem der CFO jedoch zeigt, wie Daten bereichsübergreifend und zukunftsorientiert und vor allem mehrwertstiftend genutzt werden können, kann er Überzeugungsarbeit leisten.
Letztendlich muss die Rolle des CFOs jedoch im Einklang mit seinen eigenen Vorstellungen sowie denen des Unternehmens stehen. Und die möglichen Rahmenbedingungen müssen stimmen. Nur so kann er erfolgreich seine Rolle weiterentwickeln und das Unternehmen in Zukunft positiv verändern.
Quellen:
Anaplan Studie 2022, „Die Architekten des unternehmerischen Wandels: Das Potenzial des modernen CFOs wecken“
Horváth Partners CFO-Study 2023, Part 1, “Finance in times of multiple crises”
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