Die Gewinner und Verlierer der Frauenquote

Die Gewinner und Verlierer der Frauenquote

Die Gewinner und Verlierer der Frauenquote 1024 683 Claus Verfürth

Die Diskussion über eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten ist derzeit wieder in aller Munde. Frauen soll damit der Schritt in Führungspositionen ermöglicht beziehungsweise vereinfacht werden. Auch eine Erweiterung der gesetzlichen Regelung ist beschlossen und das ist auch gut so. Offensichtlich haben freiwillige Verpflichtungen nicht ihr Ziel erreicht. Eines ist klar: Diversity Management kann Karrieren beflügeln. Doch wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer. Denn nicht jeder profitiert von Diversity – und für einige Manager auf Jobsuche ist es fast unmöglich geworden, eine neue Position zu finden.

Zur Wichtigkeit von Vielfalt und Diversity

Ich möchte an dieser Stelle keineswegs eine Diskussion über den Sinn einer Frauenquote weiter vorantreiben. Die Themen Vielfalt und Diversity verdienen ohne jeden Zweifel einen extrem wichtigen Platz in der Arbeitswelt. Die entscheidende Frage ist jedoch: Mit welchen Mitteln sollen und können die damit verbundenen Ziele erreicht werden? Es ist fraglich, ob Provokationen dafür zweckdienlich sind.

Eine Ungerechtigkeit lässt sich nicht durch eine andere Ungerechtigkeit gutmachen. Ein System, das Verlierer produziert, schafft keine Gerechtigkeit.

Immer mehr weibliche Top-Führungskräfte bezeichnen sich als „Quotenfrau“. Das geschieht zumeist aus der Not heraus, Gehör für die Wichtigkeit dieses Themas zu finden. Diese Bezeichnung führt allerdings einen bitteren Beigeschmack mit sich. Vor allem dann, wenn sie mit dem Ziel verwendet wird, die notwendige Aufmerksamkeit für das Thema der Gendergerechtigkeit zu erlangen. Darüber hinaus muss bei polarisierenden Aussagen wie diesen stets beachtet werden, dass deren Auswirkungen über das rein persönliche hinausreichen. Es handelt sich schlichtweg um eine Gratwanderung.

Der Auswahlprozess muss in den Fokus gerückt werden

Vieles spricht dafür, die Debatte auf breitere Füße zu stellen. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn eine tiefgreifende Auseinandersetzung stattfindet. Argumente müssen differenziert gegeneinander abgewogen werden. Dies lässt sich mit einem genaueren Blick auf den Auswahlprozess für Führungspositionen belegen. Hier sind momentan erhebliche Schwierigkeiten für männliche Kandidaten spürbar, sich im Auswahlprozess gegen weibliche Kandidaten durchzusetzen.

Dies betraf in der Vergangenheit insbesondere Positionen in den Bereichen Personal und Kommunikation. Hier hielten Unternehmen häufig weibliche Kandidaten für am besten geeignet. Die Gründe sind oft unerklärlich. Doch die Diskussion über derartige Vorurteile, Stereotype und falsche Zuschreibungen findet aktuell kaum statt. Auch nicht über deren Überwindung. Stattdessen findet eine Zuspitzung auf die Zugehörigkeit zu Kategorien, wie dem Geschlecht der Bewerber, statt.

Fachliche Positionierung darf kein Karrierekiller sein

Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind fatal. In bestimmten Bereichen ist es für männliche Kandidaten mittlerweile fast unmöglich, sich am Markt zu orientieren. Teilweise werden die Bewerber unverhohlen darauf hingewiesen, dass sie nur deshalb nicht für eine Stelle infrage kommen, weil sie das „falsche“ Geschlecht haben. Den Höhepunkt habe ich dazu in den letzten Wochen erlebt. Einem Top-Manager wurde ein Aufhebungsvertrag angeboten, um Platz für die Erfüllung der Quote zu machen.

Die Situation für weibliche Kandidaten war in der Vergangenheit zweifelsohne ungerecht. Doch sie wird nicht durch eine zunehmende Ungerechtigkeit für männliche Kandidaten geheilt. Wenn die eigene fachliche Positionierung zum Karrierekiller wird, gehen der Wirtschaft nicht nur zahllose Talente verloren. Vielmehr wird gleichzeitig der Weg zu einer Auseinandersetzung auf Augenhöhe verbaut. Die Lösung dieses Themas liegt auch sicher nicht in den Auswahlkriterien für externe Besetzungen. Vielmehr liegt der Schlüssel in der internen Personalentwicklung, die weibliche Talente mittel- und langfristig fördern muss.

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Fazit: Diversity bedeutet Fairness in alle Richtungen

Die Frauenquote darf nicht gleichbedeutend mit dem Karriere-Aus für männliche Kandidaten sein. Es ist absehbar, wohin eine derartige Entwicklung führen wird. Wird Diversity zu einem Prinzip, das systematisch und ohne guten Grund Verlierer produziert, entsteht im Namen der Gerechtigkeit neue Ungerechtigkeit. Deren Behebung wird in der Zukunft eingefordert werden.

Vielmehr sollte deshalb eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen Vielfalt und Diversity stattfinden. Außerdem muss der Personalentwicklungs- und Auswahlprozess (intern- wie extern) für Führungspositionen kritisch hinterfragt werden. Aus mehr als einem Grund sollte dabei die fachliche Expertise von Bewerbern verstärkt ins Zentrum gerückt werden. Darüber hinaus darf schließlich die Fairness selbst nicht zu den Verlierern der Frauenquote werden. Fairness sollte für alle Bewerber gleichermaßen gelten.

[Bildnachweis: © iStock – South_agency]

Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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