Die Einkommens- und Umsatzbesteuerung von Aufsichtsräten war stets deckungsgleich. Aufsichtsräte sind selbstständig und damit weitgehend selbst für die Besteuerung ihrer diesbezüglichen Einnahmen verantwortlich. Die zunehmende Internationalität von Aufsichtsräten führt zwischenzeitlich zu komplexen Szenarien der Einkommensbesteuerung.
Für die Umsatzsteuer kündigt sich gar ein Paradigmenwechsel an: Aufsichtsräte sollen nichtselbständig sein. Dies hat Auswirkungen für Aufsichtsrat und Gesellschaft.
Der Aufsichtsrat im Steuerrecht
„Aufsichtsrat“ in steuerlichem Kontext meint ein Organ einer Körperschaft (bspw. Aktiengesellschaft oder SE) oder eine andere Person, die mit der Überwachung der Geschäftsführung betraut ist.
Wer im Wesentlichen Repräsentationsaufgaben, Aufgaben der Geschäftsführung oder Beratung wahrnimmt, ist danach kein Aufsichtsrat. Zu berücksichtigen ist dies bspw. bei freiwillig gebildeten Aufsichtsräten von GmbHs, sofern sie von dem aktiengesetzlichen Leitbild abweichen.
Umgekehrt kann auch ein nicht als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ Einkünfte aus selbstständiger Arbeit haben, wenn es – wie ein Aufsichtsrat – mit der Überwachung der Geschäftsführung betraut ist. Dies kann bspw. relevant sein für Verwaltungsratsmitglieder einer SE oder Aufsichts- oder Beiratsmitglieder von Personengesellschaften, denen vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen sind.
Besteuerung von Aufsichtsräten: Die Einkommensteuer
Die Vergütungen von Aufsichtsräten sind Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Dies gilt auch für Arbeitnehmer-Vertreter in Aufsichtsräten.
Der Aufsichtsrat ist damit grundsätzlich selbst für die ordnungsgemäße Versteuerung seiner Einnahmen abzüglich etwaiger Betriebsausgaben verantwortlich. Die Gesellschaft behält also keine Lohnsteuer auf die Vergütung ein. Die Vergütung unterliegt weder der Gewerbesteuer noch der Sozialversicherung.
Zur Vergütung aus der Tätigkeit als Aufsichtsrat zählen sämtliche Geld- und Sachwerte, welche auf Grundlage des Rechtsverhältnisses für die Tätigkeit als Aufsichtsrat erlangt werden. Neben der Grundvergütung gehören dazu bspw. auch Sitzungsgelder, Tagesgelder, Aufwandsentschädigungen und Reisekostenerstattungen. Die Vorteile aus der Überlassung von PKW, Büroräumen oder Personal zählen ebenfalls dazu, sofern sie nicht lediglich für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufsichtsratstätigkeit notwendig sind. Bei dem Erwerb von Beteiligungen (Aktien, GmbH-Anteile) ist zu prüfen, ob diese im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Aufsichtsrat gewährt wurden. Sowohl der Vorteil aus einem verbilligten Erwerb als auch ein Veräußerungsgewinn kann dann als Teil der vollumfänglich zu versteuernden Vergütung gesehen werden.
Bei Aufsichtsräten, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (also nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind), unterliegt die Vergütung regelmäßig der sog. beschränkten Steuerpflicht. Liegt dies vor und ist aber die Gesellschaft in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, muss die Gesellschaft 30 % der Vergütung einbehalten und an den Fiskus abführen (sog. Quellensteuerabzug).
Die deutsche Besteuerung hat sich damit für den Aufsichtsrat pauschal erledigt, wenn er nicht noch Betriebsausgaben geltend machen will.
Besteuerung von Aufsichtsräten: Die Umsatzsteuer
Umsatzsteuerlich wurden Aufsichtsräte in der Vergangenheit regelmäßig als selbstständige Unternehmer angesehen. Der Aufsichtsrat stellte mithin seine Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Die Gesellschaft machte einen Vorsteuerabzug nach allgemeinen Grundsätzen geltend.
Grundlegend geändert hat sich dies infolge von Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH).
Danach sollen Aufsichtsräte jedenfalls dann nicht Unternehmer sein, wenn sie aufgrund einer Festvergütung kein wirtschaftliches Risiko tragen.
Die Finanzverwaltung hat sich darob um eine praxistaugliche Lösung bemüht. Nunmehr ist darauf abzustellen, ob ein Aufsichtsratsmitglied ein Vergütungsrisiko trägt. Das ist bei einer reinen Festvergütung nicht der Fall, sodass er als Nichtunternehmer anzusehen ist.
Demgegenüber liegt die Unternehmereigenschaft bei reiner variabler Vergütung vor. Hat die Vergütung sowohl feste als auch variable Bestandteile, ist der Aufsichtsrat als Unternehmer anzusehen, wenn die variable Vergütung im Geschäftsjahr der Gesellschaft mindestens 10 % der gesamten Vergütung beträgt. Erstattungen von Reisekosten gehören nicht zu den Vergütungsbestandteilen und sind bei der Prüfung der 10 % Grenze nicht zu berücksichtigen.
Zu den variablen Vergütungsbestandteilen gehören insbesondere Sitzungsgelder, die nur bei tatsächlicher Sitzungsteilnahme gezahlt werden, oder Aufwandsentschädigungen, die an einen tatsächlichen Aufwand gekoppelt sind. Die Unternehmereigenschaft ist für jedes Mandat des Aufsichtsratsmitglieds getrennt zu prüfen.
Sowohl für Aufsichtsrat als auch Gesellschaft ist eine zutreffende umsatzsteuerliche Einordnung wichtig. Andernfalls könnte der Aufsichtsrat im Nachhinein vom Fiskus zur Umsatzsteuer herangezogen werden. Umgekehrt wird der Gesellschaft ein Vorsteuerabzug gestrichen, wenn der Aufsichtsrat fälschlicherweise von der Umsatzsteuerpflicht seiner Tätigkeit ausgegangen ist.
Aufsichtsräte und Gesellschaft sollten daher die 10 % Grenze laufend überwachen, um nachträgliche Berichtigungen und eine Verzinsung von Steuernachforderungen zu vermeiden.
Die aktuelle Auffassung bietet aber auch Gestaltungsspielraum.
Ist bspw. die Gesellschaft nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt, ist es wirtschaftlich vorteilhaft, wenn sie über die Aufsichtsratstätigkeit keine Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erhält. In diesem Fall kann eine reine Festvergütung oder eine gemischte Vergütung mit einem variablen Anteil von unter 10 % vereinbart werden.
Das letzte Wort in der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Aufsichtsratstätigkeiten ist aber noch nicht gesprochen. Nach einem weiteren Urteil des EuGH aus dem letzten Jahr sind Aufsichtsräte wohl nur im Ausnahmefall als Unternehmer anzusehen. Eine Reaktion von BFH und Finanzverwaltung steht noch aus. Es ist also gut möglich, dass die Finanzverwaltung ihre Auffassung erneut überarbeiten muss.
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Fazit: Paradigmenwechsel in der Besteuerung von Aufsichtsräten erfordert Anpassungen
Die Besteuerung von Aufsichtsräten ist ein komplexes Thema, das durch die zunehmende Internationalität und die anstehenden Änderungen in der Umsatzsteuer geprägt ist. Aufsichtsräte gelten steuerlich als selbstständig und sind somit für die ordnungsgemäße Versteuerung ihrer Einnahmen verantwortlich, was sowohl Einkommens- als auch Umsatzsteuer betrifft.
Doch ein wesentlicher Wandel in der Besteuerung von Aufsichtsräten zeichnet sich ab:
Während Aufsichtsräte traditionell als selbstständige Unternehmer galten, könnte sich diese Auffassung ändern, wenn sie eine Festvergütung ohne wirtschaftliches Risiko erhalten. Dies hat weitreichende steuerliche Implikationen sowohl für die Aufsichtsräte selbst als auch für die Unternehmen, die sie beschäftigen.
Insgesamt ist es entscheidend, dass sowohl Aufsichtsräte als auch die Gesellschaften ihre Vergütungsstrukturen regelmäßig überprüfen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden und mögliche Gestaltungsspielräume optimal zu nutzen. Die Entwicklungen in der Rechtsprechung erfordern eine fortlaufende Anpassung und Aufmerksamkeit in diesem Bereich.
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