Besetzung von Top-Positionen – Assessment-Center im Topmanagement

Besetzung von Top-Positionen – Assessment-Center im Topmanagement

Besetzung von Top-Positionen – Assessment-Center im Topmanagement 1 1 Claus Verfürth

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, heißt es so schön in Schillers Lied von der Glocke. Diese Verszeile lässt sich gut auf die Besetzung von Top-Positionen in Unternehmen übertragen. Auch wenn es nicht um „ewige Bindungen“ mehr geht, ist es auch hier ausschlaggebend, dass eine Verbindung nicht leichtfertig eingegangen wird, sondern im Vorfeld ausgiebig geprüft wird. Zu groß ist der Aufwand bei einer Neubesetzung und zu weitreichend die Tragweite der Entscheidungen, die in diesem Bereich getroffen werden. Die Besetzung einer Top-Position muss darum höchsten Anforderungen genügen.

Insofern kann es nicht verwundern, dass die Anzahl der Executive-Positionen, die über eine Management-Audit oder ein Assessment-Center besetzt werden, in den letzten Jahren signifikant zugenommen hat. Ein Assessment von Fähigkeiten und Kompetenzen im Topmanagement wirft aber auch Fragen auf. Lassen sich alle für diese Positionen notwendigen Qualitäten tatsächlich messen? Was genau wird gemessen und welche Rolle sollten die Ergebnisse von Evaluationen im Entscheidungsprozess spielen?

Assessment-Center werden bei der Akquise von Top-Managern wichtiger. Aber welche Bedeutung haben sie im Einstellungsprozess insgesamt?

Assessment-Center im Topmanagement

Die Gründe, warum vermehrt Assessments im Bereich Topmanagement durchgeführt werden, sind sehr unterschiedlich. Beispielsweise bedient man sich gerne einer „neutralen Instanz“ zur Begutachtung. So kann ausgeschlossen werden, dass Förderer oder Kritiker interner Kandidaten Einfluss nehmen. Das Ziel ist die Chancengleichheit bei der Auswahl von externen und internen potentiellen Positionsanwärtern. Häufig werden in diesem Zusammenhang auch Compliance-Gründe angeführt, um den Einsatz von Assessment-Center zu begründen.

In vielen Unternehmen stellen Assessment-Center sicher, dass bei der Besetzung von Top-Positionen Compliance-gerecht agiert wird.

Die Angst der Entscheider vor der Entscheidung

Nicht selten ist beim Einsatz von Management-Audits aber auch eine Verschiebung der Entscheidungsfindung zu erkennen. Bleibt der Erfolg eines Kandidaten aus, kann die Entscheidung für ihn bequem sozialisiert werden. Somit kann keine Einzelperson für die vermeintliche Fehlentscheidung verantwortlich gemacht werden. Abstrakte, personenunabhängige Prozesse sowie die vielen Schultern des Beobachter-Gremiums sind insofern die jüngste Erscheinung in einer bereits länger anhaltenden Entwicklung: Der Angst der Entscheider vor der Entscheidung.

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Fragliche Aussagekraft von Assessments

Welche Beweggründe letzten Endes für den Einsatz eines Assessment-Center jedoch ausschlaggebend sind, ist unerheblich. Denn es ist unstrittig, dass Assessments im Topmanagement bei der Besetzung von Positionen einen wertvollen Beitrag leisten können. Allerdings müssen die Aufgaben und der Bezugsrahmen entsprechend auf die Tätigkeit zugeschnitten sein, um die Kompetenzen und Skills zu beobachten, die für den Stelleninhaber notwendig sind.

Ob Assessment-Center als einziges Auswahlinstrument genutzt werden sollten, ist nach meiner Meinung jedoch höchst fraglich. Wie aussagekräftig ist die Performance eines Kandidaten an dem einzelnen Tag des AC? Vielmehr kann ein Management Audit nur ansatzweise eine Prognose des zukünftigen Handelns geben. Was im Rahmen des Auswahlprozesses bleiben sollte, ist das berühmte Bauchgefühl und auch – bei internen Kandidaten – die Berücksichtigung der Performance in der Vergangenheit.

Das Assessment-Center ist ein gutes Instrument, um Kompetenzen und Skills zu beobachten. Eine solide und ausreichende Entscheidungsgrundlage bietet es nicht.

Was wirklich zählt

Da Assessment-Center bei der Auswahl von Kandidaten für Spitzenpositionen in vielen Unternehmen zur Realität gehören, sollten insbesondere die Unternehmen selbst verstärkt darauf vorbereiten. Unserer Erfahrung nach scheitern  interne Kandidaten im Rahmen dieses neuen Auswahlprozesses häufiger als externe, da sie sich nicht ausreichend darauf vorbereiten. Um wirkliche Chancengleichheit herzustellen, sollten Unternehmen entsprechend in die Vorbereitung interner Kandidaten investieren. Nicht zuletzt ist die negative Wirkung auf interne Positionskandidaten zu beachten, wenn (zu) häufig externe Kandidaten das Rennen für sich entscheiden.

Für sehr viel wichtiger als die Fähigkeit, ein Assessment-Center gut zu durchlaufen, halte ich auch die Tatsache, dass Topmanager wieder mehr Fachexpertise benötigen und diese entsprechend ausbauen sollten. Der Generalist hat merklich an Bedeutung verloren.

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Claus Verfürth

Claus Verfürth ist Managing Director und Partner bei The Boardroom, dem von Rundstedt Beratungsbereich für Top-Manager.

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